Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Kammerstaat

Vorarlberg / 28.07.2016 • 18:27 Uhr

Landwirtschaftsminister Rupprechter hat vor einigen Tagen angekündigt, im Herbst ein Gesetz vorzuschlagen, mit dem eine neue Bundeskammer der Bauern eingerichtet werden soll. Damit soll das Problem beseitigt werden, dass es bisher zwar neun Landwirtschaftskammern gibt, die von den Ländern eingerichtet werden, aber, anders als etwa bei Arbeiter- und Wirtschaftskammer, keine bundesweit agierende Organisation. Um dieses Ziel zu erreichen, wird das Gesetz eine Verfassungsbestimmung benötigen, aber das dürfte wohl keine allzu große Hürde sein. Wenn es um den Aufbau von noch mehr Bürokratie in Wien geht, finden sich im Parlament meistens genügend Unterstützer.

Ich behaupte, dass man in keinem anderen westlichen Staat für die Einrichtung einer Bundesbauernkammer die Verfassung ändern würde. Noch dazu ist die Regelung völlig unnötig: Die findigen neun Landwirtschaftskammerpräsidenten haben nämlich – ganz ähnlich wie die Landeshauptleute – schon vor Jahrzehnten eine Präsidentenkonferenz gegründet, und einer von ihnen fungiert als Sprecher. Das bisherige System hat aus Sicht der Landwirtschaft nicht schlecht funktioniert: Es wird in diesem Staat wohl niemand behaupten, dass die Landwirtschaft über ein schlechteres Lobbying verfügt als Unternehmer und Arbeitnehmer. Ganz abgesehen davon beweist ja auch die Landeshauptleutekonferenz, dass man keine verfassungsrechtliche Verankerung benötigt, um wirksam Einfluss auf Bundesebene zu nehmen.

Die Aussendung des Bundesministers begründet die Notwendigkeit einer neuen Organisation damit, dass die Bundeskammer ein Durchgriffsrecht gegenüber den Länderkammern erhalten soll. Damit wird der Eindruck erweckt, mit dem Durchgriffsrecht könne und müsse irgendwo „aufgeräumt“ werden, was in der Öffentlichkeit immer gut ankommt. In der Praxis würde dies wohl den Aufbau einer neuen zentralen Kammerbürokratie in Wien bedeuten. Ob zu deren Finanzierung die Beiträge der Bauern reichen werden, muss man bezweifeln, vielmehr wird der Steuerzahler diese Expansion des Kammerstaates finanzieren müssen.

In der Praxis würde dies wohl den Aufbau einer neuen zentralen Kammerbürokratie in Wien bedeuten.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.