Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Kleines Glücksspiel

Vorarlberg / 01.09.2016 • 20:11 Uhr

Vorarlberg hat sich vor einigen Jahren dazu entschieden, das sogenannte „kleine Glücksspiel“, also vor allem Spielautomaten, zu verbieten. Diese Entscheidung des Landesgesetzgebers war sicherlich richtig, wenn man sich vergegenwärtigt, wie viel Leid und Elend Spielsucht über Familien bringt. Das „große Glücksspiel“ jedoch ist erlaubt. Das betrifft vor allem die Casinos und die staatlichen Lotterien. Darauf hat das Land aus verfassungsrechtlichen Gründen keinen Einfluss, vielmehr hat sich der Bund diese Angelegenheiten vorbehalten und will auf die Einnahmen nicht verzichten. Was die Spielsucht anrichtet, ist der Republik Österreich offenbar egal.

Wer sich mit der Vollziehung des „Automatenverbots“ in Vorarlberg näher befasst, ist allerdings erstaunt und verärgert, wie leicht es den Betreibern illegaler Etablissements gelingt, mit den Behörden Katz und Maus zu spielen. Zunächst werden verschachtelte Firmenkonstruktionen gegründet, um zu verhindern, dass die Behörden ihre Strafbescheide rechtsgültig zustellen können. Wenn es einmal gelingt, eine verantwortliche Person zu konkretisieren, setzt sich diese ins Ausland ab, meist nach Ungarn. Dort werden die Bescheide der österreichischen Strafbehörden offenbar nicht vollstreckt.

 

So einfach ist es, sich der Strafe für solch illegales Handeln zu entziehen. Zwar gibt es seit wenigen Jahren einen Beschluss der EU, wonach die von Behörden eines Mitgliedstaates verhängten Verwaltungsstrafen in den anderen Mitgliedstaaten zu vollstrecken sind. Die Praxis schaut aber oft anders aus.

Ein Grund dafür besteht darin, dass die Vollstreckung behördlicher Entscheidungen eines anderen Staates gegenüber eigenen Staatsbürgern als ein besonders schwerwiegender Eingriff in die Souveränität empfunden wird. Während dieselben Mitgliedstaaten häufig nichts dagegen haben, wenn immer mehr Rechtsbereiche auf der europäischen Ebene zentralisiert werden und sie dadurch ihre Autonomie verlieren, wehren sie sich nach Kräften dagegen, Entscheidungen anderer Staaten zu akzeptieren. Je mehr die Staaten an tatsächlicher Souveränität verlieren, umso mehr, so scheint es, klammern sie sich an Symbolen fest. Was für ein extrem kurzsichtiges Handeln!

So kann es passieren, dass sich jemand durch eine vergleichsweise simple Wohnsitzverlegung der Strafbarkeit entziehen kann. Dies wirkt sich nicht gerade motivierend auf die vollziehenden Behörden im Inland aus. Es wäre viel gewonnen, wenn die Mitgliedstaaten der EU besser miteinander kooperierten und sich darum bemühten, dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen.

Wenn es einmal gelingt, eine verantwortliche Person zu konkretisieren, setzt sich diese ins Ausland ab.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.