Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Was nicht geht

Vorarlberg / 22.09.2016 • 22:51 Uhr

Nichts kennzeichnet die Reformunfähigkeit Österreichs besser als die Situation des Bundesrates: Nach nunmehr gut 95 Jahren Unzufriedenheit mit diesem Gremium hat sich insgesamt wenig verändert. Noch immer ist der Bundesrat zu machtlos, um Länderinteressen effektiv durchzusetzen, noch immer paralysiert er sich selbst, indem er seine wenigen Rechte nicht durchsetzt. Ein Hauptgrund dafür besteht darin, dass die Bundesräte einfach so abstimmen wie ihre Parteikollegen im Nationalrat. Auf diese Weise verliert der Bundesrat seinen Sinn.

Der frühere Bundesratspräsident Jürgen Weiss und ich haben schon vor Jahren vorgeschlagen, dass die Bundesräte nicht nur wie bisher von den Landtagen gewählt werden, sondern dass Landtagsabgeordnete gleichzeitig Bundesräte sein sollten. Wir erwarteten, dass Landtagsabgeordnete im Bundesrat wohl eher die Interessen des Landes wahrnehmen würden, als es derzeit geschieht. Außerdem würden auf diese Weise ungefähr 60 politische Funktionen eingespart.

Der Vorschlag war zu gut, als dass er von vornherein abgelehnt werden konnte. Außerdem ließe er sich auf Basis der gegenwärtigen Rechtslage, ganz ohne Verfassungsänderung, verwirklichen. Dafür bekam ich alle möglichen Gründe zu hören, weshalb die Idee eigentlich ganz in Ordnung sei, aber es in der Praxis nicht gehe: Weil die Abstimmung der Sitzungstermine zwischen Landtagen und Bundesrat zu schwierig sei, weil zwei Funktionen zu arbeitsaufwendig seien, weil man keine Multifunktionäre wolle und so weiter …

Bemerkenswerterweise gibt es dieses Modell anderswo schon, nämlich in Belgien. Dort setzt sich der Senat aus Mitgliedern der Regionalparlamente zusammen. Der zeitliche Aufwand der betreffenden Abgeordneten ist dort sicherlich nicht geringer als in Österreich. Wenn es also in Belgien funktioniert, warum nicht bei uns?

Den Grund, warum es bei uns nicht geht, hat vor ein paar Jahren ein Wiener Bundesrat sehr nobel umschrieben: „Der Bundesrat ist ein wichtiges Instrument für die Karriereplanung der Parteien.“ Für die großen Länder wie Wien und Niederösterreich gingen mit dem belgischen Modell nämlich jeweils zwölf Abgeordnete verloren, zwölf politische Posten, für die man altgediente Funktionsträger belohnen und junge heranziehen kann.

Und so wird der Bundesrat eben weiterhin ein Symbol für Österreichs Reformunfähigkeit bleiben.

Der Vorschlag war zu gut, als dass er von vornherein abgelehnt werden konnte.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.