Den kleinen Gemeinden auf die Finger schauen

Vorarlberg / 23.10.2016 • 19:31 Uhr

Rechnungshofdirektorin kritisiert fehlende Prüfkompetenzen bei Gemeindeverbänden.

Bregenz. Wenn der Rechnungshof seine Prüfergebnisse bekannt gibt, ist ihm Öffentlichkeit gewiss. Die Opposition freut‘s, weil sie Munition in die Hand gedrückt bekommt. Die Medien berichten über Versäumnisse der Politiker. Die Regierenden heben die lobenden Zeilen hervor. Nur den geprüften Stellen selbst ist die Publicity unangenehm – könnte zumindest angenommen werden.

Kooperation statt Ärger

Seit 2013 darf der Landesrechnungshof Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern prüfen. Die Kommunen würden das aber nicht als lästig empfinden, sondern als Unterstützung und Chance, erklärt Landesrechnungshofdirektorin Brigitte Eggler-Bargehr. Auch in anderen Bundesländern sei das so. Dieses Fazit zogen die jeweils Verantwortlichen nach einem Treffen der Landesrechnungshöfe in Bregenz am vergangenen Donnerstag.

Vielseitig

Vorarlberg zählt 96 Gemeinden, dem gegenüber stehen drei Prüfer im Landesrechnungshof. Fünf Gemeindeprüfungen hat das Team schon hinter sich. Schruns, Bezau und Nenzing wurden einer klassischen Kontrolle unterzogen. Bei Alberschwende nahmen sich die Prüfer die Beteiligungen vor. Die vorerst letzte Inspektion betraf gleich 36 Gemeinden: Der Rechnungshof durchleuchtete die Baurechtsverwaltungen im Land. Aktuell untersuchen die Prüfer eine Gemeinde mit unter 1000 Einwohnern, Zwischen­ergebnisse werden traditionell nicht bekannt gegeben.

Die Prüfer wählen die Gemeinden nach mehreren Kriterien aus. Zunächst stellt sich die Frage, ob es aktuell etwas Spezielles zu untersuchen gibt. Auch Ort und Größe spielen eine Rolle. „Wir wollen nicht immer im selben Eck des Landes aktiv sein“, führt Eggler-Bargehr aus. Die Landesregierung, der Landtag und der Kontrollausschuss können ebenfalls eine Prüfung beantragen. „Anschließend vereinbaren wir ein Erstgespräch. Wir schauen uns den Ort an, schließlich wollen wir die Schule oder das Heizwerk sehen, bevor wir prüfen“, sagt die Rechnungshofdirektorin. Eine Prüfung dauert in der Regel vier bis sechs Monate. Eggler-Bargehr lobt die Kooperation: „Die Gemeinden fragen, ob wir helfen könnten, bestimmte Vorschläge umzusetzen. Wir sind keine Berater, sehen jedoch, dass es einen großen Bedarf dafür geben würde.“

Fehlende Kompetenz

Eggler-Bargehr kritisiert eine Praxis, die tendenziell zunehme: „Immer mehr Aufgaben werden über Gemeindekooperationen in Verbände ausgelagert. Verbände können wir allerdings nicht prüfen.“ Die Kollegen aus anderen Bundesländern teilen diese Kritik. Der Bundesrechnungshof dürfe die Verbände zwar prüfen, hat allerdings nicht alle Zusammenschlüsse auf dem Radar. Auch sonst kämpfen die Prüfer mit ähnlichen Untersuchungsgegenständen, wie Haftungen und ausgegliederte Gesellschaften. „Viele Gemeinden haben es zudem mit Leasingkon­struktionen probiert. In Vorarlberg haben wir dieses Problem aber nicht“, berichtet die Direktorin.

Der Landesrechnungshof will das Thema forcieren. Im November hält der Rechnungshof sein jährliches Audit ab, erstmals mit einem Gemeindethema: Ein Schweizer Experte für Gemeindekooperationen wird zu Gast sein.

Immer mehr Aufgaben werden über Gemeindekooperationen in Verbände ausgelagert.

Brigitte Eggler-Bargehr