Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

,,Wiener Wohnen“

Vorarlberg / 23.02.2017 • 19:39 Uhr

Österreich ist mit einer gewaltigen Korruptionsaffäre konfrontiert: Gegen 93 Personen im Umfeld der im Eigentum der Gemeinde Wien stehenden Wohnhausverwaltung „Wiener Wohnen“ werden Ermittlungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit geführt. So sollen private Bau- und Handwerksfirmen dem öffentlichen Unternehmen Leistungen verrechnet haben, die in Wahrheit nicht oder in geringerer Qualität erbracht wurden. Von den daraus entstandenen Gewinnen sollen die Unternehmen und die vermutlich korrupten Bediensteten profitiert haben. Gegen 32 Bedienstete wurden bereits dienstrechtliche Schritte eingeleitet.

Die Affäre bei „Wiener Wohnen“ erinnert an die berüchtigte Testamentsfälscherwerkstatt beim Bezirksgericht Dornbirn. Man will es nicht glauben, dass Korruption und Amtsmissbrauch nicht auf Einzelpersonen beschränkt sein sollen, sondern ganze Abteilungen und Amtsstellen involviert sind. Die 32 Personen sind nur der innerste Kreis der angezeigten Korruption: Zu diesem kommen noch jene Unternehmenschefs und deren Mitarbeiter in der Privatwirtschaft hinzu, für die Beamtenbestechung offenbar eine Selbstverständlichkeit ist, wenn es um wirtschaftlichen Erfolg geht. Schließlich gibt es noch eine mehr oder weniger große Zahl von Angehörigen der Betroffenen, die von den kriminellen Handlungen wissen und profitieren. Auch im Fall des Bezirksgerichts Dornbirn blieb das ungute Gefühl zurück, dass bei Weitem nicht die ganze Wahrheit bekannt geworden ist.

Als vor mittlerweile fast 20 Jahren in Vorarlberg die Pragmatisierung in der Landesverwaltung abgeschafft wurde, befand vor allem die Wiener Ministerialbürokratie, dass der unkündbare Beamtenstatus vor Korruption schütze und betrachtete die Vorarlberger Neuerung mit Argwohn. Wie sich seither mehrfach gezeigt hat, ist es aber, was die Korruptionsanfälligkeit betrifft, völlig gleichgültig, ob ein Mitarbeiter des Staates Beamter oder „nur“ sogenannter Vertragsbediensteter ist. Auch bei „Wiener Wohnen“ sind unter den 32 Bediensteten, die bereits suspendiert oder zumindest versetzt worden sind, mehr Beamte als Vertragsbedienstete.

Die Annahme, unkündbare Beamte garantierten eine saubere Verwaltung, ist ein Trugschluss. Es kommt wohl auf ganz andere Kriterien an. Erstens brauchen wir eine Verwaltungskultur, in der Gesetzestreue und Integrität statt Gier und persönlicher Vorteilsnahme eine Selbstverständlichkeit sind. Zweitens sind konsequente Aufklärung und Strafverfolgung unbedingt notwendig.

Auch im Fall des Bezirksgerichts Dornbirn blieb das ungute Gefühl zurück, dass bei Weitem nicht die ganze Wahrheit bekannt geworden ist.

peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.