Der Entzauberer
Wolfgang Schüssel wird nachgesagt, die FPÖ entzaubert zu haben. Zumindest für kurze Zeit. Markus Wallner könnte Vorarlbergs Entzauberer der Grünen werden. Vielleicht gehört es sogar zum Schicksal eines Juniorpartners. Vorarlbergs Grüne stehen jedenfalls vor einem Problem: Wollen sie nach der Wahl 2019 nicht wieder ein Oppositionsdasein fristen, müssen sie langsam an die Landtagswahl denken. Dann gefährden sie allerdings die konstruktive Regierungsarbeit – aber für diese wurden sie schließlich gewählt.
Die Macht des Faktischen ist eine Krux. 17 Prozent sind zu wenig, die ÖVP hat das Sagen. Zwei Punkte verdeutlichen das: Raumplanung und Straßenbau. Umweltlandesrat Johannes Rauch plädiert für eine harte Landesgrünzone. Einmal dazu ernannt, muss eine Wiese eine solche bleiben. Für den Landeshauptmann stellt die Grünzone kein Tabu dar. Die schwarze Mehrheit wird sich am Ende durchsetzen, und Rauch muss sich den Wählern erklären. Das Regierungsprogramm wurde zwar auf einem Parteitag eindeutig angenommen, aber nicht von den Wählern, sondern von Funktionären. Der Straßenbau hängt seit den Koalitionsverhandlungen über den Grünen wie eine Gewitterwolke, die darauf wartet, sich zu entladen. Spätestens, wenn die Regierung die nächsten Schritte zum Feldkircher Stadttunnel beschließt, donnert’s. Erst Anfang Woche betonte Rauch, er sei für Straßen eben nicht zuständig. Das heißt: Wenn die ÖVP will, fahren die Bagger auf.
Dies zeigt die Bestellung des neuen Chefs der Landespressestelle, der direkt aus dem Landeshauptmannbüro an die Spitze der offiziellen Öffentlichkeitsarbeit des Landes wechselt. Die Grünen mobilisierten dagegen. Erfolglos. Die grüne Handschrift im neuen Mindestsicherungsgesetz beschränkt sich darauf, weniger gekürzt zu haben als andere Bundesländer und dass der Deckel verhindert werden konnte. Darauf verweist Katharina Wiesflecker zurecht. Sie hat sich in ihr Ressort eingearbeitet und kämpft tüchtig gegen gesellschaftliche Probleme. Aber dass Vorarlbergs Grüne jemals zustimmen, eine Sozialleistung zu kürzen, hätte vor zwei Jahren noch niemand gedacht. Vorarlbergs Sozialarbeiter – verlässliche SPÖ- und Grünwähler – werden sich in der Wahlkabine daran erinnern.
Haben die Grünen Erfolg, steht die ÖVP parat. Rauch kann die steigende Zahl von Öffibenutzern für sich beanspruchen. Vorarlberger fahren um 365 Euro mit Bus und Bahn, neue Zuggarnituren sind auf Schiene. Erfolge wie diese werden auf Pressekonferenzen geteilt, der Landeshauptmann oder sein Statthalter sitzen daneben und loben die Errungenschaft. Auch beim Kinderbetreuungstarif oder der Kulturfreifahrt: Die Mehrheitspartei nascht mit.
Die Volkspartei denkt schon an die Landtagswahl. Nicht nur in der Landespressestelle platzierte Wallner einen Vertrauensmann. Auch in die ÖVP-Parteizentrale wurde dem Geschäftsführer ein neuer Wallner-Gefolgsmann zur Seite gestellt. Außerdem haben die Schwarzen einen Trumpf in Form eines weiteren Koalitionspartners im Ärmel: die Freiheitlichen. Wallner lässt die Tür zur FPÖ offen, einige Statements wären einem Dieter Egger früher nicht über die Lippen gekommen. Es waren aber auch anderen Zeiten.
Und die Grünen? Sie müssen sich entscheiden und rote Linien festlegen. Nur so können sie sich dem Zauberstab der ÖVP entziehen. Ansonsten heißt es: Hex hex, 13 Prozent, zurück auf die Oppositionsbank.
Die Macht des Faktischen ist eine Krux. 17 Prozent sind zu wenig, die ÖVP hat das Sagen.
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