Mit Olympia zum zweiten Bahngleis

Wallner und Platter hoffen auf Infrastrukturschub durch die Olympischen Spiele.
Bregenz. Eine turbulentere Zeit hätte Vorarlberg für den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz wohl nicht treffen können. Just in jenem halben Jahr, in dem der Nationalrat neu gewählt wird, übernimmt Landeshauptmann Markus Wallner von seinem Tiroler Amtskollegen Günther Platter den Vorsitz. Welche Macht eine Vorwahlzeit populären Beschlüssen verleiht, spürten die Länderchefs am Donnerstag. Der Nationalrat stimmte für ein Verfassungsgesetz, das den Ländern vorschreibt, den Pflegeregress abzuschaffen. Finanzierung unklar.
15a-Vereinbarung
„In außergewöhnlichen Zeiten passieren außergewöhnliche Maßnahmen“, kommentiert Günther Platter im VN-Gespräch anlässlich der Amtsübergabe in Bregenz diesen Beschluss. Mit dem Zusatz: „Wir haben diesen Beschluss positiv bewertet. Aber jetzt möchten wir eine 15a-Vereinbarung mit dem Bund, um die Finanzierung zu regeln.“ Markus Wallner fügt an: „Erst wenn es anläuft, kann man feststellen, was es kostet. Aber 100 Millionen werden zu wenig sein.“
Per Verfassung die Bundesländer zu etwas auffordern, ist ein überaus unföderalistischer Akt. Ist der Zusammenschluss der Länder etwa doch nicht so mächtig? „Ich glaube, da wird übertrieben“, sagt Platter. „Es besteht immer die Meinung, dass die Landeshauptleute den Bund regieren. Das ist weder Absicht noch Fakt.“ Allerdings müsse sehr genau auf jene Beschlüsse geachtet werden, die sich auf die Länderkasse auswirken. Für Wallner steht fest: „Die Konferenz muss für einen positiven Föderalismus eintreten. Föderalismus ist ein Standortfaktor.“
Auch Straßen und Schienen gelten als Standortfaktor. Die Verbindung zwischen Vorarlberg und Tirol zählt zu jenen Infrastrukturabschnitten, die Wallner und Platter als verbesserungsfähig betiteln. „Das ist ein Nadelöhr, man sollte am Arlberg natürlich mehr tun“, sagt Wallner. Er betont zwar die gute Zusammenarbeit mit den ÖBB, aber: „Im nächsten Rahmenplan möchten wir, dass der Klosterbogen wieder vorkommt.“ Platter hofft auf die Olympischen Spiele. Am 15. Oktober – gleichzeitig mit der Nationalratswahl – stimmt Tirol über eine Olympiabewerbung ab. Als Austragungsort für die Skibewerbe ist St. Anton vorgesehen. „Ein Großereignis dient oft als Hebel für die Infrastruktur. Das wäre eine Chance für den zweigleisigen Ausbau.“ Und er fügt an: „ Es wird auch einmal eine zweite Arlberg-Straßentunnelröhre benötigen.“
Keine neuen Skigebiete
Auf beiden Seiten des Arlbergs dominiert der Tourismus. Der Plan der Länder ähnelt sich. Wallner: „Wir haben in der Tourismusstrategie festgehalten, dass wir keine neuen Landschaftskammern erschließen wollen. Nur in die Substanz wird investiert.“ Platter: „Bei uns gibt es ein klares Bekenntnis zu St. Anton – Kappl. Aber wir möchten keine neuen Skigebiete, nur sinnvolle Zusammenschlüsse.“
Als sinnvoll erachten beide auch ihre Landeskoalitionen mit den Grünen, wobei Platters Koalitionspartnerin Ingrid Felipe jüngst zur Bundeschefin ihrer Partei gewählt wurde. Der nahende Wahlkampf sei aber keine Gefahr: „Wir positionieren uns selbst ja auch. Das muss eine Koalition aushalten.“ Markus Wallner stimmt zu: „Es gibt echte Tests, wie die Flüchtlingskrise, wo sich die Grünen nicht leicht getan haben. Dennoch wird ordentlich gearbeitet.“
Der Brenner stand vor zwei Jahren im Mittelpunkt der Flüchtlingskrise. Zwar nur als mögliche neue Route. „Aber es gäbe keine zugespitztere Situation als die Schließung des Brenners“, ist sich Platter bewusst. „Das würde das Scheitern der Europäischen Union offenbaren.“ Dies wisse auch Italien, weshalb die Kontrollen funktionierten. „Mit der Schleierfahndung greifen wir täglich 20 bis 30 illegale Migranten auf. Es ist alles unter Kontrolle.“ Aber: „Wir haben auf scharf gestellt und sind auf alles vorbereitet.“ Im Notfall wird der Brenner geschlossen.
Stichwort. Landeshauptleutekonferenz
Unter dem Titel “Landeshauptleutekonferenz” vernetzen sich informell Österreichs neun Landeshauptleute. Die Konferenz ist nicht in der Verfassung verankert, verfügt realpolitisch aber über viel Macht. Die Konferenz trifft sich zudem zweimal im Jahr, der Vorsitz wechselt alle sechs Monate. Heute, Samstag, übernahm Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner von Tirols Landeshauptmann Günther Platter den Vorsitz. Die LH-Konferenz fasst Beschlüsse nur einstimmig, sie werden allerdings nicht veröffentlicht. Gleichzeitig zur LH-Konferenz übernimmt Vorarlberg auch den Vorsitz im Bundesrat. ÖVP-Mandatar Edgar Mayer ist dies vorbehalten. Zuletzt erlangte die LH-Konferenz öffentliches Aufsehen, als Vorsitzender Günther Platter forderte, dass bei wichtigen Infrastrukturmaßnahmen die Letztentscheidung bei den Landeshauptleuten bleibt. Der Brief war eine Reaktion auf das Urteil zur dritten Flughafenpiste in Wien.