Neue Kochlehre für Flüchtlinge

Strini im VN-Interview über Chancen und Probleme der Arbeitsmarktintegration.
Schwarzach. Anton Strini ist überzeugt: Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt kann gelingen – aber es gibt viel zu tun. Der Flüchtlingskoordinator des Landes sprach mit den VN über strengere Deutschkurse, neue Lehrlingsmodelle und den Bildungsgrad. Im vergangenen Jahr haben 500 Flüchtlinge einen neuen Job gefunden.
500 Jobs für Flüchtlinge in einem Jahr. Ist das ein Erfolg?
Strini: Das ist ein gewaltiger Erfolg. Wir haben eher das Problem, etwa bei den unbegleiteten Jugendlichen, dass sie schon als Asylwerber unbedingt arbeiten möchten, aber nicht dürfen.
Wäre es besser, wenn Asylwerber arbeiten dürften?
Strini: Da spielen zwei Dinge gegeneinander. Aus Integrationssicht schon. Aber dann brauchen sie ja Arbeitsplätze. Im Moment haben wir rund 12.000 Arbeitslose, die Hälfte davon gering qualifiziert. Das heißt, es käme zu einer zusätzlichen Konkurrenzsituation.
Viele Menschen fürchten sich vor dem steigenden Konkurrenzdruck.
Strini: Menschen, die vom Bildungsstand schlechtergestellt sind, werden am ehesten ersetzt. Sie haben schon solche Erfahrungen mit Arbeitern aus Rumänien oder Ungarn gemacht. Da gibt es berechtigte Ängste, den Job zu verlieren. Deshalb ist es wichtig, den Fachkräftebedarf abzudecken. Die Konkurrenzsituation lässt sich nicht völlig verhindern, aber möglichst gering halten.
Steigt durch die Flüchtlinge die Arbeitslosigkeit?
Strini: Pro Jahr steigt die Zahl der Beschäftigten in Vorarlberg um bis zu 2500. Einen Teil dieser Arbeitsplätze verwenden wir für Flüchtlinge. Wir haben nicht mehr Arbeitslose, nur weil mehr Flüchtlinge beschäftigt sind. Wir haben einfach mehr Beschäftigung.
Wie ist es um den Bildungsstand bestellt?
Strini: Wir kennen die Bildungsgeschichten nur von jenen Menschen, die beim AMS vorgemerkt sind. Momentan sind es 726 Menschen, also ein Drittel aller beschäftigungsfähigen Flüchtlinge. Somalis und Afghanen sind bis zu 90 Prozent gering qualifiziert. Sie haben keine über eine Pflichtschule hinausgehende Ausbildung, viele nicht einmal das. Bei Syrern sind es etwa 60 Prozent, bei Irakis und Iranern 50 Prozent.
Gibt es ein Stadt-Land-Gefälle?
Strini: Höhere Bildungsschichten zieht es grundsätzlich stärker in Städte, weshalb Wien deutlich günstiger dasteht. Bei uns sieht hingegen die Altersstruktur besser aus.
Sie haben vor einigen Wochen von Problemen bei Deutschkursen gesprochen. Hat sich da etwas getan?
Strini: Es wird künftig Kurse mit Prüfungen geben, nicht mehr einfach mit Teilnahmezertifikaten. Weil das nichts bringt. Man muss wissen, ob jemand einen gewissen Level erreicht hat.
Was geschieht, wenn jemand durchfällt?
Strini: Wenn jemand den A1-Kurs nicht schafft, müssen wir die Gründe herausfinden. Ist er überfordert oder hapert es an der Mitarbeit? Es muss eine Wiederholungschance geben. Allerdings werden wir mit allen verfügbaren Mitteln klarmachen, dass er die Chance nutzen muss. Das kann bis zur Kürzung der Mindestsicherung gehen.
Auch die Koordination zwischen BH und AMS haben Sie bemängelt.
Strini: Mittlerweile wurde ein Kriterienkatalog aufgestellt, mit dem klar wird, wer zum AMS überwiesen werden soll. Bis Frühjahr 2018 sollten alle beschäftigungsfähigen Flüchtlinge beim AMS gemeldet sein.
Glauben Sie, in zehn Jahren zwei Drittel der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren zu können?
Strini: Ja. In Vorarlberg werden wir bis zu 2700 arbeitsfähige Flüchtlinge haben. 500 haben innerhalb eines Jahres einen Beruf gefunden. Wenn die Wirtschaft so weiterwächst, ist in vier bis fünf Jahren einiges möglich.
Welche Chancen bietet die Saisonarbeit?
Strini: Da arbeiten wir gerade an einer speziellen Kochlehre. Wir wollen den Versuch starten, zehn bis 15 Kochlehrlinge in eine Art Probelehre zu bringen. Sechs Wochen sind sie im Beruf, sechs Wochen in einem speziellen Förderunterricht. Dann steigen sie in die Lehre ein. Am 1. Jänner möchten wir starten. So ähnlich haben wir es schon bei „i+R Schertler“ gemacht.
Besagtes Projekt läuft seit dreieinhalb Monaten. Ist es erfolgreich?
Strini: Neun Flüchtlinge haben angefangen. Davon absolvieren vier eine Lehre, fünf weitere sind momentan Hilfsarbeiter. Sie erhalten Förderunterricht, damit sie auch in die Lehre einsteigen können. Fünf Personen sind ausgefallen. Einer, weil er eine Lehre als Gärtner macht. Vier, weil ihnen der Ramadan wichtig war. Das war in der heißen Zeit, das haben sie nicht durchgehalten.
Das klingt schon schwierig.
Strini: Früher hat man gesagt, dass eine Krise eine Chance ist. Wenn ich mir die Altersstruktur ansehe, wenn wer möchte, dass unser aktuelles Wirtschaftssystem weiter funktioniert, dann muss man eigentlich froh sein.
