Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Zu viel Geld

Vorarlberg / 12.10.2017 • 20:01 Uhr

Die Reaktionen auf das Bekanntwerden des Skandals rund um den SPÖ-Wahlkampfberater Tal Silberstein sind typisch österreichisch: Zum einen wird reflexartig nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss gerufen, zum anderen wird eine Verschärfung des Strafgesetzbuchs gefordert, das nunmehr auch sogenanntes „dirty campaigning“ unter Strafe stellen soll.

Beide Forderungen sind verfehlt: Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss hat die Aufgabe, das Verhalten der Regierung zu kontrollieren. Engagiert eine Partei, selbst wenn der Bundeskanzler ihr Vorsitzender ist, einen möglicherweise kriminellen Politikberater, handelt es sich nicht um eine Tätigkeit der Bundesregierung, sondern eben einer politischen Partei. Daran ändert es auch nichts, dass die betreffende Partei öffentliche Mittel, nämlich die Parteienförderung des Bundes, eingesetzt hat. Im Grunde ist der Sachverhalt ähnlich wie bei den Off-Shore-Geschäften der Vorarlberger Hypobank: Man kann sie für unmoralisch halten, die Eröffnung eines Bankkontos ist aber nun einmal keine Regierungstätigkeit und unterliegt daher auch keiner parlamentarischen Kontrolle. Ein Untersuchungsausschuss zu den Geschäften der SPÖ mit Tal Silberstein würde daher wie der des Vorarlberger Landtags zu den Aktivitäten der Hypobank enden: wie das Hornberger Schießen.

Der zweite Reflex war die Forderung nach einem Straftatbestand für „dirty campaigning“. § 264 des Strafgesetzbuchs stellt schon jetzt die Verbreitung falscher Nachrichten bei Wahlen unter Strafe. Diese Bestimmung ist in der Vergangenheit kaum je zur Anwendung gelangt. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob die Norm angesichts der Missbrauchsgefahr der sozialen Medien, vor allem von Facebook und Twitter, verschärft werden soll. Andererseits ist es zwar widerlich und charakterlos, den gegnerischen Kandidaten schlechtzumachen, aber soll ein solches Verhalten allein schon unter Strafe gestellt werden? Wo soll dann die Abgrenzung zur noch zulässigen Kritik zu ziehen sein? In der Praxis wäre die angepeilte Änderung des Strafgesetzbuchs daher wahrscheinlich wirkungslos. Sinnvoller als ein Untersuchungsausschuss und neue Strafen wäre es vielmehr, die Parteienförderung, die in Österreich ja zu den höchsten der Welt zählt, zu kürzen. Wenn eine Partei wie die SPÖ bereit ist, für zwei mehr als fragwürdige Facebook-Seiten über 100.000 Euro auszugeben, lässt das nur einen Schluss zu: Sie hat offenbar zu viel Geld.

„Wenn eine Partei wie die SPÖ bereit ist, für zwei mehr als fragwürdige Facebook-Seiten über 100.000 Euro auszugeben, lässt das nur einen Schluss zu: Sie hat offenbar zu viel Geld.“

Peter Bussjäger

peter.bussjaeger@vn.at

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.