Härtere Maßnahmen gegen Steuerflucht gefordert

Laut den Grünen gehen Österreich mindestens 1,5 Milliarden Euro pro Jahr verloren.
Bregenz Die Definition schwankt zwischen Optimierung und Piraterie, zwischen Schonung und Schmarotzertum. Ob gerne oder nicht, am Ende muss jeder Steuern bezahlen. Der einfache Bürger, der Gastronomiebetrieb, der Mittelständler – niemand kommt dem Finanzamt aus. Fast niemand. Enthüllungen wie die Offshore-Leaks, die Panama Papers und jüngst die Paradise Papers zeigen, wie kreativ Konzerne und Milliardäre sein können, wenn es darum geht, dem Staat Geld vorzuenthalten. Das EU-Parlament hat sich des Kampfs gegen Steuerflucht schon angenommen. Ein Untersuchungsausschuss widmete sich den Panama Papers, nun soll ein ständiger Ausschuss eingeführt werden, erklärt der grüne Europa-Abgeordnete Michel Reimon bei einem Besuch in Bregenz.
Reimon hat das Beispiel Starbucks im Gepäck. Während österreichische Kaffeehäuser ihre Steuern zahlen und eine Registrierkassa führen müssen, habe sich Starbucks die Art, wie Kaffeebohnen geröstet werden, patentieren lassen. Für diese Lizenz bezahle jede Filiale viel Geld, das in Steueroasen verschwinde. Apple, Ikea, Nike – die Liste der Unternehmen in den Enthüllungen ist lang. Der Klubobmann der Grünen im Landtag, Adi Gross, schätzt: „Jährlich schleusen Großkonzerne und Superreiche etwa 1,5 Milliarden Euro Steuergeld an Österreich vorbei. Das Geld fehlt überall. Im Sozialen, in der Pflege, im Spital, in den Schulen und so weiter.“
Das EU-Parlament hat bereits Forderungen zur Bekämpfung der Steuerflucht aufgelistet. Diese Vorschläge müssen nun mit den EU-Mitgliedsstaaten diskutiert werden. Die Staaten haben sich allerdings nicht auf eine gemeinsame Position einigen können. „Neben Malta, Zypern, Luxemburg und Irland befindet sich Österreich unter den Blockierern“, ärgert sich Reimon. Im Herbst 2018 übernimmt Österreich den Ratsvorsitz und die Verhandlungsführung. Reimon schwant Übles, schließlich falle Österreich nicht positiv auf. Die EU-Mitgliedsstaaten haben etwa mit Liechtenstein den automatischen Steuerdatenaustausch beschlossen. Einzig Österreich hätte freiwillig auf die Namen verzichtet. „Stimmt nicht, wir verzichten nicht freiwillig auf Daten“, heißt es dazu aus dem Finanzministerium. Österreich habe einen Prüfungsausschuss, der gezielt Stiftungen und Depots überprüfe. Dies sei viel effizienter, sagt ein Sprecher des Ministeriums.
Auch die EU-Kommission hat Vorschläge gemacht. So sollen Konzerne ab einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro ihre Steuern veröffentlichen, und zwar für alle Bürger. „Die ÖVP möchte diese Offenlegung nur für die Ämter, nicht für die Bürger“, bemängelt Reimon. Die Liste der Vorschläge der Grünen ist lang: Gemeinsame Steuerbemessungsgrundlage (CCCTB), Schwarze Liste, Geldwäscherichtlinie, Finanztransaktionssteuer. Wie die Paradise Papers aber bewiesen haben: Schließt man ein Schlupfloch, findet sich das nächste.