Über Hälfte der Syrer könnten sich Rückkehr vorstellen

Studie zeigt Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Flüchtlingen.
Götzis In der Diskussion über Integration, Flüchtlinge und Fluchtursachen vermischen sich Fakten oftmals mit Emotionen, Vorurteilen und persönlichen Eindrücken. Wissenschaftler wollen dem entgegentreten und begeben sich auf Faktensuche, wie das Institut für Sozialanthropologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Die Forscher haben im Sommer 2016 rund 900 Flüchtlingen aus Syrien, Irak und Afghanistan Fragen zu Politik, Religion und Integration gestellt. Das Ergebnis stellte Studienautorin Sabine Bauer-Amin am Montag in Götzis vor.
Die Flüchtlinge wurden zum Beispiel nach ihrer religiösen Einstellung befragt. 24 Prozent der Afghanen bezeichneten sich als „sehr religiös“, wogegen nur 0,6 Prozent der Iraker diese Antwort gaben. 53 Prozent bezeichnen sich als gar nicht oder eher nicht religiös. Unter den Syrern sehen sich 2,8 Prozent als „sehr religiös“. Sabine Bauer-Amin erläutert: „Zudem haben wir festgestellt, dass Syrer unter 30 Jahren gegenüber jeder Konfession skeptisch sind.“
Befragt nach dem bevorzugten politischen System bezeichnen die Befragten zu über 90 Prozent eine Demokratie wie in Österreich als ideale Staatsform. Ein Fünftel der Syrer wollte sich dazu jedoch nicht äußern. Bauer-Amin ist überzeugt: „Da sieht man die große Politikverdrossenheit unter den Syrern.“ 85 Prozent aller Befragten befürworten die Trennung von Kirche und Staat. „Von den anderen 15 Prozent sagt auch der Großteil, dass der Staat über der Kirche stehen soll“, betont die Expertin. Allerdings waren davon 35,4 Prozent der Meinung, dass Staat und Religion eine Einheit bilden sollen.
Iraker wollen hierbleiben
Obwohl die Menschen von Krieg und Elend flüchten, denken einige an die Rückkehr. Über die Hälfte der Syrer kann sich vorstellen, in ihr Land zurückzukehren, sollten sich die Gegebenheiten vor Ort ändern. Von den befragten Irakern können sich dies nur fünf Prozent vorstellen. Auch die Familien spielen eine Rolle. „Die Forschung zeigt, dass der Familiennachzug grundlegend wichtig ist für die Integration“, hält Sabine Bauer-Amin fest. Dennoch gaben nur 35 Prozent an, noch ihre Familie nachholen zu wollen. Diese wiederum sprachen von ein bis zwei Personen, die nachkommen sollen, mehr nicht. „Das hat vor allem ökonomische Gründe. Also etwa, dass die Wohnung zu klein ist oder die Menschen keinen Job haben.“
Über 90 Prozent der Befragten sehen die Sprache als wichtigsten Beitrag zur Integration. Gleichzeitig sagten 88 Prozent, Deutsch zu lernen sei die schwierigste Herausforderung. Bauer-Amin fährt fort: „Für ältere Menschen ist es schwer, Anschluss zu finden.“ Manche bekämen nicht einmal Platz in Deutschkursen, zudem sei es nicht einfach, ständig Hilfsempfänger zu sein, sagt sie. „Der Anschluss sollte nicht über Helfer, Freiwillige oder Organisationen entstehen, sondern etwa durch den Fußballverein oder durch Mutter-Kind-Gruppen.“
Die Studie entstand im Sommer 2016, weshalb die Autorin betont: „Dieses Zeitfenster muss man mitdenken.“ Derzeit arbeite das Institut wieder an einer Untersuchung. Und die Antworten zeigten schon Unterschiede.
Weitere Ergebnisse der Studie
Fluchtkosten: Unterscheiden sich je nach Distanz. 27,4 Prozent gaben an, zwischen 4000 und 6000 Euro ausgegeben zu haben. 22,3 Prozent gaben 2000 bis 400 Euro aus, 17 Prozent bezahlten 6000 bis 8000 Euro, jeweils zehn Prozent zahlten weniger als 2000 Euro oder mehr als 10.000 Euro.
Lebensgewohnheiten: 87,2 Prozent akzeptieren die österreichischen Lebensgewohnheiten. 38,2 Prozent bewerten sie für sich selbst aber für zu freizügig. 28 Prozent sehen die Lebensgewohnheiten als zu wenig religiös geprägt.
Studie zum Download:
http://VN.AT/sudx9w