„Ich hoffe, dass mir eine Frau nachfolgt“

Vorarlberg / 14.12.2017 • 20:24 Uhr
„Es war eine persönliche Entscheidung“, sagt Gabriele Nußbaumer. VN/Stiplovsek
„Es war eine persönliche Entscheidung“, sagt Gabriele Nußbaumer. VN/Stiplovsek

Nach 18 Jahren in der Politik tritt Gabriele Nußbaumer zurück.

Bregenz Mittwochabend, 23.15 Uhr, Landtagssaal. Landtagsvizepräsidentin Gabriele Nußbaumer (ÖVP) ergreift das Wort – und ­kündigt zur Überraschung vieler ihren Rücktritt an. Am Donnerstag absolvierte sie bereits ihre letzte Sitzung.

 

Frau Nußbaumer, wann haben Sie die Entscheidung getroffen?

Nußbaumer Sie ist langsam gereift. Am Dienstagabend habe ich Landeshauptmann Wallner informiert, am Mittwoch den Klub. Und am Mittwochabend den Landtag. Das Jahresende ist ein guter Zeitpunkt, um in einen neuen Lebensabschnitt zu starten.

 

Warum hören Sie auf?

Nußbaumer Es war eine persönliche Entscheidung und hat viele kleine Gründe. Aber keinen, den ich hervorheben möchte. Einer ist, dass ich jetzt in einem Alter bin, in dem ich Dinge ein bisschen langsamer angehen möchte. Ich habe eine Familie, zwei Enkel, eine schöne Ehe. Das möchte ich genießen.

Hat die Entscheidung mit Ihrer Rückstufung zur Vizepräsidentin nach der Wahl 2014 zu tun?

Nußbaumer Das war natürlich keine schöne Geschichte und am Anfang für mich schwierig. Im Leben ist aber nicht immer alles so, wie man es sich vorstellt. Das ist jetzt aber drei Jahre her und hat mit der Entscheidung schlussendlich nichts zu tun.

 

Es hat viele überrascht.

Nußbaumer Ja, inklusive mir. Es gibt keine Garantie, dass man eine Funktion nach einer Wahl behalten kann. Natürlich hätte ich mich gefreut, das kann ich nicht abstreiten.

 

Angeblich soll auch die Abstimmung über die Ehe für alle Sie zum Rücktritt bewogen haben.

Nußbaumer Das stimmt nicht. Natürlich hat es Entscheidungen gegeben, bei denen ich mir schwergetan habe, sie im Klub mitzutragen. Aber das ist völlig normal. In einer Partei kann man nicht alles umsetzen, was man gerne möchte.

 

Und die Ehe für alle war so eine Entscheidung?

Nußbaumer Das war für mich nicht angenehm, wie für andere Kollegen auch. Manchmal muss man eben Dinge mittragen, die einem nicht wahnsinnig passen. Bei meinen Themen, also Pflege und Menschen mit Behinderung, hatte ich das Glück, dass sie nicht sehr kontrovers diskutiert wurden.

 

Es sollen sieben ÖVP-Klubmitglieder für die Ehe für alle gewesen sein.

Nußbaumer (lacht) Sie müssen mich jetzt gar nicht löchern, dazu sage ich nichts.

 

Haben es Frauen in der Politik schwerer?

Nußbaumer Ja. Das liegt vielleicht teilweise auch an uns, weil wir unsere Vorstellungen zu wenig stark artikulieren. Ich hoffe, dass mir eine Frau als Vizepräsidentin nachfolgt. Das wäre mir ganz wichtig. Es wäre ein echter Rückschritt, wenn meine Funktion mit einem Mann besetzt werden würde. Da hoffe ich auf die Gremien.

Was halten Sie eigentlich von der zukünftigen Regierung?

Nußbaumer Ich tu mir mit einigen Dingen relativ schwer und hoffe, dass am Ende die Vernunft siegt. Mit der Diskussion über Deutsch vor Schuleintritt knallt man den Menschen an den Kopf, dass sie nicht dazupassen, weil sie die Sprache nicht sprechen. Solche Dinge haben wir eigentlich überwunden. Auch bei der Schulpolitik. Für mich ist es schon lange ein Anliegen, dass Kinder bis 14 Jahre gemeinsam unterrichtet werden.

 

Ziehen Sie sich nun komplett aus der Politik zurück?

Nußbaumer Ja. Ich werde meine ehrenamtlichen Jobs behalten, aber sonst komplett. Ich bin 61 Jahre alt und habe noch zwei Themen umsetzen können, die mir wirklich wichtig sind: den Krankenhauspass und verständliche Kommunikation. Das war harte Arbeit, diese Dinge hatten eine lange Vorlaufzeit. Und jetzt ist es ein befreiendes Gefühl, nicht mehr in ein Korsett hinein gezwängt zu werden, sondern das Leben zu genießen.

Zur Person

Gabriele Nußbaumer
Geboren
17. Juni 1956

Wohnort Feldkirch

Laufbahn 2004 Landtagsvizepräsidentin, 2012 Landtagspräsidentin, 2014 wieder Vize

Sonstiges Präsidentin Lebenshilfe, Mitglied Ethikkommission, Aufsichtsrat Stiftung Liebenau, Vorsitzende Hypo-Spendenpool