„Da war ein inneres Feuer, das mich wärmte“

Vorarlberg / 09.03.2018 • 22:40 Uhr
Rettungkräfte bei der Bergung der Deutschen am Unglücksort im Skigebiet Ifen. Polizei
Rettungkräfte bei der Bergung der Deutschen am Unglücksort im Skigebiet Ifen. Polizei

Ariane Unterleiter, 37, überlebte 40 Minuten unter einer Lawine.

bregenz „Alles was schlecht gehen kann, ging schlecht. Und alles was gut gehen kann, ging gut.“ So brachte Polizeisprecherin Susanne Moll das wundersame Ereignis, das sich am Donnerstag im Kleinwalsertal ereignete, auf den Punkt.

Ariane Unterleiter, 37, aus Baden-Württemberg war um die Mittagszeit mit ihrem 63-jährigen Skilehrer im freien Skiraum über den sogenannten „Schneiderküren–Schmalzboden“ unterwegs, um nach Hirschegg abzufahren. Was dabei schlecht ging: Sie führten keine Lawinenausrüstung, etwa Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS), Schaufel oder Sonde mit. Als der Skilehrer in einen etwa 60 Meter langen und 40 Grad steilen Hang vorausfuhr, löste sich hinter ihm ein 15 Meter breites Schneebrett, das auf die 37-jährige Deutsche zudonnerte und sie komplett verschüttete.

Mangelnde Ausrüstung

Dem verantwortlichen Skilehrer war es wegen der fehlenden Ausrüstung unmöglich, sich selbst auf die Suche nach der Verunglückten zu machen. Er setzte per Handy einen Notruf ab.

Was dabei gut ging: In der Nähe befand sich zufällig eine Skifahrergruppe, die über die entsprechende Ausrüstung verfügte. Die Teilnehmer der Gruppe begannen sofort mit der Suche. Unterdessen trafen auch die Bergrettungsdienste des Kleinwalsertals, die Hubschrauber „Gallus 1“ und „Libelle“, die Alpinpolizei und die Hundestaffel Vorarlberg am Ort des Geschehens ein.

Doch bis Ariane Unterleiter in einer Tiefe von etwa eineinhalb Metern geortet und ausgegraben werden konnte, vergingen bange 40 Minuten. Für Lawinenopfer eine Ewigkeit, die für die Verunglückten laut Experten meist den Tod bedeutet.

„Ein Mordsglück“

Doch die Deutsche hatte Glück, und zwar „ein Mordsglück“, wie es ein Polizeisprecher ausdrückte. „Sie war nach ihrer Rettung ganz weiß im Gesicht und hat sofort heftig zu atmen und zu schreien begonnen“, sagte er noch.

Es war mehr als nur Glück. Es war ein Wunder. Denn Unterleiter war bis auf eine leichte Unterkühlung nahezu unverletzt. Am Freitag befand sie sich noch zur Beobachtung im Krankenhaus Immenstadt. An ihrer Seite ihr Mann und ihre zwei kleinen Kinder im Alter von zwei und fünf Jahren.

Sie schilderte den VN, was sie empfand und dachte, als sie unter dem Schnee begraben war und wie es davor und danach war.

„Vor dem Unglück genoss ich das tolle Wetter und die Natur. Dann kam plötzlich die Lawine und riss mich mit. Ich habe dabei noch den Skistock emporgehoben“, schilderte sie und: „danach konnte ich mich keinen Zentimeter mehr bewegen, obwohl ich es versuchte. Ich war richtig eingeschnürt.“

Eine Sache sei dabei seltsam gewesen. Etwas, das sich die 37-Jährige auch danach nicht erklären kann: „Es war in den Schneemassen nicht dunkel. Es erschien mir hell.“ Durch den Schneedruck war die Verschüttete in eine Kauerstellung gepresst worden. „Ich hatte kein großes Luftloch und es war mir klar, dass die Zeit immer knapper wurde.“

Hat man in einer solchen verzweifelten Situation überhaupt noch Hoffnung? „Da war ein inneres Feuer, das mich wärmte.“ Ja, und da war Hoffnung auf Rettung. Ihre Gedanken kreisten um die Familie unten im Tal, aber auch um den Skilehrer, wie sie sagte. „Ich habe jahrelang Yoga gemacht und ich denke, das Rezitieren des Mantra, dieser spirituellen Kraft, hat mir geholfen.“

Skilehrer wurde angezeigt

Dann der Augenblick der Rettung. „Ich war und bin überglücklich, und ich möchte mich bei dem tollen Rettungsteam bedanken“, sagte sie zu den VN, aber: „Trotz all dem Glück soll mein Beispiel zeigen, dass man sich nicht leichtsinnig in eine solche Situation begeben soll. Das möchte ich weitergeben, das liegt mir sehr am Herzen.“

Der verantwortliche Skilehrer wurde mittlerweile bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.

„Es war in den ­Schneemassen nicht dunkel. Es erschien mir hell.“