Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Golden Plating

Vorarlberg / 22.03.2018 • 19:39 Uhr

Im Regierungsprogramm der Bundesregierung wird ausdrücklich das sogenannte „Golden Plating“ verboten. Der neumodische Ausdruck bezeichnet die Übererfüllung von Vorgaben der Europäischen Union durch Österreich. Als klassisches Beispiel dafür gilt die Allergenverordnung, die für die Gastronomie einen erheblichen bürokratischen Ballast mit sich brachte.

„Golden Plating“ mag es tatsächlich da und dort gegeben haben, aber es ist nicht das Hauptproblem bei der Umsetzung der Vorgaben der EU in Österreich. Das zeigt die neue „Datenschutzgrundverordnung“, die im Mai dieses Jahres unser altes Datenschutzgesetz ablösen wird. Wirtschaft und Behörden, ja sogar Vereine, klagen über enorme Bürokratie und über Strafdrohungen bei Verstößen gegen die komplizierten Vorschriften, die existenzgefährdende Ausmaße annehmen können.

Das Verbot von „Golden Plating“ nützt in diesem Fall gar nichts, weil die Datenschutzgrundverordnung der EU selbst bereits ein überzogenes Regelungsinstrument ist, das man hier bei uns kaum mehr übertreffen kann. Bemerkenswerterweise war ursprünglich beabsichtigt, das alte Datenschutzrecht zu entrümpeln und flexiblere neue Vorschriften zu erlassen, die die Wirtschaft weniger belasten sollten. Herausgekommen ist das genaue Gegenteil.

Nun wäre es genauso naheliegend wie falsch, über Brüssel zu schimpfen, das für Bürokratie verantwortlich sein soll. Die Datenschutzgrundverordnung ist nämlich ganz wesentlich von Spitzenbeamten aus den EU-Staaten formuliert und von den zuständigen Ministern der Mitgliedstaaten abgesegnet worden.

Schon lange ist es so, dass sich die Ministerialbürokraten aus der gesamten Europäischen Union im Verhandlungsweg in Brüssel auf möglichst hohe Standards einigen, die sie zu Hause in ihren Heimatländern gegenüber der Politik nicht durchsetzen könnten. Auf der europäischen Ebene entzieht sich ihr Handeln dagegen weitgehend der politischen Kontrolle. Man kann sich dort auch gut hinter den Verhandlungspartnern verstecken.

So entstehen genau jene bürokratischen Vorschriften, über die sich, wenn sie angewendet werden, die Betroffenen beklagen. Niemand aber will es gewesen sein. Es nützt also nichts, Golden Plating zu verbieten, solange die Politik ihre Staatsdiener auf der europäischen Ebene nicht unter Kontrolle bekommt.

„So entstehen genau jene bürokratischen Vorschriften, über die sich, wenn sie angewendet werden, die Betroffenen beklagen.“

Peter Bussjäger

peter.bussjaeger@vn.at

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.