Das ewige Eis wird endlich

Vorarlberg / 23.03.2018 • 18:45 Uhr
Das ewige Eis wird endlich

Die Gletscher schmelzen, auch bei uns.

Thüringerberg  Günther Groß (68) kennt sich mit Gletschern aus. Seit 1973 misst er das durchgehend mit Eis behaftete Gebirge Vorarlbergs. Und muss feststellen: Die Tendenz geht eindeutig in die Richtung, dass das ewige Eis auch in Vorarlberg zur Endlichkeit verdammt ist. Es zieht sich zurück.

Jahr für Jahr markiert der pensionierte Gymnasialprofessor für Geografie und Geschichte bestimmte Punkte im Richtungswinkel und misst die Entwicklung des Gletschers im Jahr darauf. „Es hat in der jüngeren Vergangenheit drei Jahre gegeben, in denen der Rückgang des Eises wirklich dramatisch war: Und zwar 2003, 2005 und 2017. In diesen heißen Sommern haben die Gletscher besonders gelitten“, sagt Groß.

Gletscher brauchen Nahrung

Dabei ist es noch nicht so lange her, dass die Gletscher auch in Vorarlberg noch in stattlicher Größe vorhanden waren. „Zwischen 1972 und 1987 nahmen die Gletscher bei uns im Ausmaß von 130 Metern zu. Seither sind sie zurückgegangen“, berichtet Günther Groß.

Die größten Gletscherflächen befinden sich in der Silvretta. Vorarlberger Vergletscherungszentrum werden die dort genannt. Dazu zählen auch der Vermunt-Gletscher, der Ochsentaler Gletscher und der Schneeglocken Gletscher. Weitere kleine Gletschergebiete finden sich im Lechtal, im Rätikon und im Klostertal. Gab es früher noch großflächigere Gletscherregionen, so wurden sie durch die Schmelze immer mehr auseinandergerissen. Rund 20 der Eismassive gibt es heute noch. 1969 waren es noch 35.

Wie Lebewesen brauchen Gletscher Nahrung. Diese Nahrung ist der Schnee. „Der muss auch im Sommer liegen bleiben. Sonst haben sie keine Substanz mehr und schmelzen“, vollzieht Groß einleuchtende Logik.

Groß nicht nur pessimistisch

Eine lineare Bewegung in Richtung völliges Verschwinden der Vorarlberger Gletscher sieht der Fachmann nicht. „Weil unsere Gletscher kleiner sind, reagieren sie schnell auf klimatische Umstände. Das heißt: In einem kalten Winter können sie auch wieder etwas wachsen.“ Aber Groß sagt auch: „Insgesamt geht die Tendenz aufgrund der Erwärmung in Richtung Zurückdrängung der Gletscher.“

Bezüglich Ursachen der Erwärmung weicht Groß etwas von der Mainstream-Meinung ab. „Ich sehe nicht ausschließlich den CO2-Ausstoß als dafür verantwortlich an. Es gibt da auch einen Zusammenhang mit der Zahl der auf unserem Planeten lebenden Menschen. 1850 waren es noch eine Milliarde, heute sind es zwischen sieben und acht Milliarden. Und Menschen erzeugen Wärme.“

Klimatologen würden sich schwer tun, den Einfluss des Menschen und den natürlichen Einfluss auf das Klima richtig zu gewichten. „Es hat in der Geschichte auch schon ähnliche Phasen der Erwärmung gegeben. Zum Beispiel im Hochmittelalter und auch in der Römerzeit“, betont Groß.

Einen pessimistischeren Ansatz bei der Entwicklung der Gletscher haben die Autoren einer Studie der Universität Innsbruck und der Universität Bremen. Demnach werden 36 Prozent der weltweit existierenden Gletscher in den nächsten 100 Jahren verschwinden. „Da macht es auch nichts mehr aus, ob die Durchschnittstemperatur um zwei oder nur um 1,5 Grad steigt“, sagt Klimaforscher Georg Kaser von der Universität Innsbruck. Alle Gletscher Österreichs befänden sich höchstwahrscheinlich unter diesen 36 Prozent.

„Die Ursachen der Erd­erwärmung liegen meiner Meinung nach nicht nur im CO2-Ausstoß.“

Das ewige Eis wird endlich
Gletscherregion Silvretta. Die Bilder verdeutlichen den Rückgang des Eises in den vergangenen 27 Jahren.Groß
Gletscherregion Silvretta. Die Bilder verdeutlichen den Rückgang des Eises in den vergangenen 27 Jahren.Groß
Das ewige Eis wird endlich