Ärztekammer und VGKK finanzieren “Nachhilfe” für angehende Hausärzte

Vorarlberg / 17.04.2019 • 07:00 Uhr
Ärztekammer und VGKK finanzieren "Nachhilfe" für angehende Hausärzte
Tobias Grabher (M.) freut sich auf seine Zeit in einer Lehrpraxis. KHBG

Das ist eine von mehreren Maßnahmen zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung.

Dornbirn Was im Masterplan für Allgemeinmedizin erst jüngst festgeschrieben wurde, setzt Vorarlberg schon bald um. Ab Herbst können Ärzte, die eine Turnusausbildung absolvieren, begleitend dazu auch Seminare in Anspruch nehmen, die ihnen das Dasein als Allgemeinmediziner näherbringen. „Es geht um Themen, deren Vermittlung im Krankenhaus zu wenig Raum findet“, erklärt Burkhard Walla, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer. Bezahlt wird das Angebot aus einem Innovationstopf, den die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (VGKK) und die Ärztekammer gemeinsam finanzieren. Durch diese andere Art der Nachhilfe soll der Beruf des Hausarztes für Jungmediziner attraktiver gestaltet werden.

Die andere Seite kennenlernen

Außerdem hat Vorarlberg als erstes Bundesland die Möglichkeit der Anstellung von Ärzten bei Ärzten geschaffen. Sie kann in Anspruch genommen werden, wenn ein bestehendes Versorgungsdefizit nicht durch weitere Kassenverträge zu lösen ist. Die Regelung gilt ab Mai. Eine Änderung des Ärztegesetzes auf Bundesebene bot die erforderliche Grundlage. VGKK-Obmann Manfred Brunner spricht von einer wichtigen Anpassung, mit der sich die eine oder andere Lücke im System schließen lasse. Interesse besteht offenbar. Es gibt laut Walla bereits zahlreiche Anfragen.

Als weitere Säule zur Sicherung der kassenärztlichen Versorgung im Land gelten die Lehrpraxen. Dort können Turnusärzte sechs Monate in einer hausärztlichen Ordination mitarbeiten. Empfohlen wird eine Ausweitung auf ein Jahr. „Auch daran wird gearbeitet“, bekräftigt Burkhard Walla. „Ein halbes Jahr ist besser als gar nichts“, meint Tobias Grabher. Der 28-jährige Harder absolviert derzeit im Landeskrankenhaus Bregenz seinen Turnus. Ab Herbst wird er Lehrpraktikant in der Praxis des Andelsbucher Gemeindearztes Rudolf Rüscher. „Allgemeinmedizin in der Praxis ist etwas anderes als das, was wir im Spital sehen“, weiß Grabher. Diese andere Seite möchte er kennenlernen, nicht nur, weil es die Ausbildungsordnung mittlerweile vorschreibt. Schon nach dem Ende des Studiums hat der Jungarzt freiwillig in Hausarztpraxen geschnuppert. Einmal bei Markus Baldessari in Bregenz, einmal bei Rudolf Rüscher in Andelsbuch. Letztlich hat sich Tobias Grabher bewusst für die Ordination im ländlichen Raum entschieden. „Das Tätigkeitsfeld ist hier noch breiter.“ Fix ist noch nichts, doch er könnte sich durchaus vorstellen, irgendwann in die Niederlassung zu gehen.

30 neue Vertragsstellen

30 neue Vertragsstellen: Das käme den Verantwortlichen wohl gelegen. Schon 2013 hat die Gesundheit Österreich im Auftrag der Landes-Zielsteuerungskommission eine Erhebung zur Sicherstellung der ärztlichen Kapazitäten durchgeführt. Darauf aufbauend setzten VGKK und Ärztekammer in den vergangenen fünf Jahren zahlreiche Maßnahmen. „Ziel war es immer, die kassenärztliche Tätigkeit attraktiver zu gestalten und damit die Versorgung für die Bevölkerung in Vorarlberg sicherzustellen“, betont Brunner und nennt als Beispiele die Lehrpraxen, das Job-Sharing, das fachärztliche Dringlichkeitsterminsystem sowie die telefonische Gesundheitsberatung 1450, die bislang rund 30.000 Anrufe verzeichnete. „Weiters wurden innerhalb von zehn Jahren 30 neue Vertragsarztstellen auf den Weg gebracht“, ergänzt der VGKK-Obmann. So konnten seit 2014 insgesamt 96 Ärzte mit einem Kassenvertrag ausgestattet werden. „Damit wurden unter anderem Pensionierungen abgedeckt und 15 neu geschaffene Stellen besetzt“, listet Burkhard Walla seinerseits auf. Doch die Herausforderungen bleiben. Bis 2024 werden 91 Vertragsärzte das 65. Lebensjahr vollenden und voraussichtlich in den Ruhestand treten.