Naturschutzbund Vorarlberg bei Rhesi solidarisch mit Schweizer Kollegen

Vorarlberg / 23.08.2019 • 15:00 Uhr
Naturschutzbund Vorarlberg bei Rhesi solidarisch mit Schweizer Kollegen
Bianca Burtscher (l.), Geschäftsführerin des Naturschutzbundes, vertritt mit Hildegard Breiner bei Rhesi selbstredend eine ökologische Position. VN/PAULITSCH

Bianca Burtscher, GF des Naturschutzbundes Vorarlberg, wünscht ebenfalls mehr Mitsprache bei Projektentwicklung.

Dornbirn Einblick in alle Planungsunterlagen, notwendige Korrekturen bereits beim Generellen Projekt, Wahrnehmung der “ökologischen Chance”: Das ist der Wunschzettel des Vorarlberger Naturschutzbundes für das Großprojekt Rhein-Erholung-Sicherheit (Rhesi). Geschäftsführerin Bianca Burtscher im VN.at-Interview.

Ihre Gesinnungsgenossen von WWF St. Gallen und Pro Natura St. Gallen-Appenzell haben Einwände per Anwalt bei der Behörde gegen das Generelle Projekt von Rhesi eingebracht. Wie haben Sie das aufgenommen?

Die Forderungen waren schon lange bekannt. Das Vorgehen hat mich insofern nicht überrascht, als dass die Kollegen in der Schweiz andere rechtliche Möglichkeiten haben und von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht haben. Was bei der ganzen Aufregung nicht wahrgenommen wurde: Es geht ihnen nicht um ein Zurück an den Start, sondern um eine ökologische Verbesserung des jetzt vorliegenden Generellen Projekts.

Das heißt, das Projekt ist in den Augen der Schweizer Naturschutzgruppen nicht nur schlecht?

Es gibt – übrigens auch für uns – keine Beanstandung des grundsätzlichen Konzepts von Trittsteinen. Das ist gut. Aber es sollte auch funktionieren. Und die Schweizer wie auch wir glauben, dass das in dieser zu klein bemessenen Form eben nicht funktioniert.

Wie können Sie das wissen?

Wir wissen es nicht zu hundert Prozent, haben aber die starke Befürchtung, dass es so ist. Und damit wir diese Befürchtungen belegen können, bräuchten wir die gesamten Planungsunterlagen.

Aber das Generelle Projekt wurde ja in allen Details präsentiert. Hat Ihnen das nicht genügt?

Nein, hat es nicht. Uns war das zu wenig, um eine umfassende Bewertung vornehmen zu können. Deswegen haben wir ja unsere Zweifel. Wir sind jetzt damit beschäftigt, Anträge zu formulieren, um die vollständigen Planungsunterlagen zu erhalten. Die Anträge werden wir demnächst bei den für das Projekt zuständigen offiziellen Stellen einbringen. Und zwar noch bevor das St. Galler Tiefbauamt eine Entscheidung über die Einwände der Schweizer Kollegen trifft.

Sie nehmen damit eine Verzögerung der Projektentwicklung in Kauf.

Nein, das tun wir nicht. Bringen wir diese Anträge jetzt ein und wird Rhesi dann im Stadium des Generellen Projekts noch einmal genau unter die Lupe genommen, so bringt uns das im UVP-Verfahren Zeit ein. Das geht dann schneller. Ich sehe keine Zeitverzögerung, zumal hier Entwicklungen parallel laufen. Auch die Projektverantwortlichen haben ja derzeit Vorprüfungen laufen. Das eine kann das andere ergänzen. Ich finde es gut, Probleme dann zu lösen, wenn sie auftauchen.

Wie eng ist Ihre Zusammenarbeit mit den Schweizer Naturschutzgruppen? Man hat den Eindruck, dass die viel kompromissloser sind als die Vorarlberger.

Wir sind uns in unserer Grundhaltung einig und pflegen regelmäßigen Kontakt miteinander. Es gibt jedoch kulturelle Unterschiede in der Art der Vorgangsweise. Die Schweizer Kollegen formulieren halt etwas härter als wir. Aber prinzipiell ziehen wir an einem Strang. Wir sind die Anwälte der Natur und sorgen uns wegen des Artensterbens, das auch bei uns zügig voranschreitet. Wir wollen, dass das Ökosystem intakt bleibt. Bricht es zusammen, bekommen wir große Probleme. Es muss uns klar sein, welch große Chance Rhesi bietet, das Rheintal zu verbinden. Ich bin überzeugt: Es gibt gute Lösungen für das Bauvorhaben, aber es gibt für uns auch rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen.

“Es gibt für uns bei Rhesi rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen.”

Bianca Burtscher, GF Naturschutzbund Vorarlberg

Nun gibt es eine Gruppe im Raum Koblach, die genau entgegengesetzte Forderungen an das Projekt hat und entsprechend vehement auftritt. Haben Sie mit denen eigentlich Kontakt?

Wir hatten Mailkontakt. Aber diese Gruppe ist so weit von unserer Haltung weg, dass eine Verständigung unmöglich ist. Wir versuchen, auf Basis von Fakten am Zustandekommen eines gesetzeskonformen Projekts mitzuarbeiten.

Der grüne Umweltlandesrat Johannes Rauch steht bedingungslos hinter dem jetzt vorliegenden Rhesi-Entwurf. Machen Sie ihm mit Ihren Forderungen nicht das Leben schwer?

Rauch ist Politiker in einer Koalition, wir sind NGOs. Das ist eben ein großer Unterschied.

Bianca Burtscher

Bianca Burtscher ist 49 Jahre alt und studierte Biologin mit Schwerpunkt Ökologie. Seit 18 Jahre leitet sie als Geschäftsführerin den Vorarlberger Naturschutzbund. Sie ist geborene Höchsterin und lebt in Bregenz.