Verteilungskampf
Überraschend früh hat Vizekanzler Werner Kogler diese Woche die Verteilungsdebatte eröffnet, die in Folge der Coronakrise unausweichlich sein wird: Millionen- und Milliardenerben sollten einen rigorosen Beitrag leisten, so der Grüne in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“. Gut möglich, dass das kommen wird. Wobei klar ist, dass das nur ein symbolischer Beitrag sein kann: Bei einem Steuersatz von 25 Prozent bringt eine solche Steuer einer AK-Schätzung zufolge rund 500 Millionen Euro pro Jahr. Das ist ein Bruchteil dessen, was insgesamt nötig sein wird. Allein die bisherigen Rettungspakete haben inklusive Haftungen ein Volumen von 38 Milliarden Euro.
Nichts bleibt, wie es ist
Man darf sich nichts vormachen: Auch bei den Staatsfinanzen wird nichts bleiben, wie es ist. Die Ausgaben sind schon bisher nur mit Ach und Krach bewältigt worden. Das wird jetzt noch viel schwieriger. Steigende Arbeitslosigkeit und zunehmende Armut werden ebenso ins Geld gehen wie die Verstaatlichung entscheidender Unternehmen und diverse Konjunkturspritzen. Spürbare Sparmaßnahmen werden daneben kaum möglich sein: Österreich sieht heute, dass man zum Beispiel gar nicht genug Spitalsbetten haben kann – auch wenn sie sehr teuer sind.
„Im besten Fall wird das ein zivilisierter Prozess, zum Beispiel im Rahmen eines Konvents.“
Und dann wären da noch die Einnahmen: Zwei Drittel des Steueraufkommens werden durch die Einkommen- und die Umsatzsteuer gebildet. Wenn Hunderttausende nun aber kaum noch etwas verdienen und sich damit auch weniger leisten können, werden beide einbrechen.
Dreifaches Problem
Das heißt zusammengefasst, dass Bund, Länder und Gemeinden nach der Krise ein dreifaches Problem haben werden: Explodierte Schulden, höhere Ausgaben und niedrigere Einnahmen. Das geht sich nicht aus. Auch wenn momentan der Eindruck entstehen könnte, dass die Reserven unerschöpflich seien. Das ist ein Irrtum. Jetzt ist die Regierungsdevise, so viel Geld wie nötig zur Verfügung zu stellen, vernünftig, um einen Totalabsturz zu verhindern. Das ist jedoch nur für ein paar Monate möglich.
Kommen wir also zum Verteilungskampf, der unter diesen Umständen vorprogrammiert ist: Im besten Fall wird das ein zivilisierter Prozess, der zum Beispiel im Rahmen eines Konvents mit Vertretern aller Gesellschaftsbereiche durchgeführt wird. Wobei zwei Fragestellungen im Zentrum stehen werden: Wie viel soll der Staat wofür ausgeben? Und wer soll welchen Beitrag leisten? Das kann keine Einzelmaßnahme wie eine Millionärssteuer sein. Da geht es um viel mehr, und da dürfen der Fantasie keine Grenzen gesetzt sein. Im schlimmsten Fall wird dagegen einfach nur die Macht des Stärkeren entscheiden – auf der Straße oder sonst wo.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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