“Politische Entscheidung”: AHS- Lehrersprecher Gerhard Pusnik zu Matura

Vorarlberg / 24.04.2020 • 10:00 Uhr
"Politische Entscheidung": AHS- Lehrersprecher Gerhard Pusnik zu Matura
Die schriftliche Matura soll am 24. Mai starten. Es wird eine Reifeprüfung, wie es sie zuvor noch nie gegeben hat. VN/STEURER

Man müsse jetzt die Schüler bestmöglichst unterstützen, sagt der Sprecher der Gymnasiallehrer.

Feldkirch Die schriftliche Matura findet statt, ab 4. Mai soll die als Ergänzungsunterricht titulierte Vorbereitung der Kandidaten starten. Die Klausuren beginnen am 25. Mai. Auf Lehrer wie Schüler wartet eine ganz spezielle Herausforderung. AHS-Lehrersprecher Gerhard Pusnik (60) spricht im Vn.at-Interview über eine Reifeprüfung im Ausnahmezustand.

Was war Ihre erste Reaktion auf den am Mittwoch bekannt gegebenen Fahrplan für die Matura?

Ich habe mich gefragt, warum das so lange gedauert hat, nämlich vom 8. bis zum 21. April. In dieser Zeit gab es zahlreiche Mails und Anfragen an das Bildungsministerium. Auf nichts wurde geantwortet. Die Entscheidung zur Durchführung der Matura in dieser Form ist eine rein politische. Sie entspricht nicht den Vorstellungen von Gerechtigkeit, Vernunft oder Verhältnismäßigkeit. Schüler mit sozial benachteiligtem Hintergrund und schlechteren Rahmenbedingungen haben nicht dieselben Chancen.

Wie werden sich die prüfenden Lehrer darauf einstellen?

Wir müssen mit dieser Situation irgendwie zurande kommen und werden uns voll in die Arbeit mit den Schülern hineinstürzen. Wir müssen allerdings bis zum 28. April warten, ehe wir wissen, wer zum Ergänzungsunterricht kommt und wie alles genau ablaufen wird. Noch gibt es ja auch kein Hygienehandbuch mit entsprechenden Richtlinien.

"Politische Entscheidung": AHS- Lehrersprecher Gerhard Pusnik zu Matura
Gerhard Pusnik ist Sprecher der Vorarlberger Gymnasiallehrer. Er spricht von großen Herausforderungen im Hinblick auf die Reifeprüfung. PUSNIK

Wie wichtig wären die vergangenen Wochen zur Erarbeitung von neuem Stoff noch gewesen?

Das mit dem Stoff ist nicht das Thema. Man hätte diese Zeit eher für die mündliche Prüfung und die Vorwissenschaftliche Arbeit verwendet. Viel wichtiger wäre die geistige und emotionale Einstellung der Kandidaten auf die Matura gewesen.

Wie gut oder schlecht konnte das Distance learning den Präsenzunterricht ersetzen?

Das Distance learning ist kein Ersatz für den Präsenzunterricht. Ich sehe darin aber auch eine positive Erkenntnis: Es zeigt, wie wichtig das Zusammenkommen von Schulpartnern, wie wertvoll die Kommunikation ist.

Was können die Lehrer jetzt tun, um die Schüler bestmöglich auf die Matura vorzubereiten?

Wie gesagt: Wir müssen die Schüler jetzt vor allem mental unterstützen und ihnen klar machen: Habt keine Angst, geht mit Mut und Zuversicht an die Sache ran. Natürlich würden wir auch zustätzliche Stunden benötigen.

Gibt es schon Raum- und Stundenpläne für die Zeit der Maturavorbereitung?

Nein, die gibt es noch nicht. Ich weiß nur: Wir werden zum Beispiel an meiner Schule, dem BRG/BORG Feldkirch Schillerstraße, zwölf Klassenräume für die sechs Maturaklassen benötigen. Aus Sicherheitsgründen. Das bedeutet aus meiner Sicht auch: Es kann kein Unterricht mit anderen Klassen in dieser Zeit stattfinden. Wir werden fast alle Ressourcen für die Durchführung der Matura brauchen.

In welcher Form sollte die jetzige Ausnahmesituation Einfluss auf Aufgabenstellungen und Beurteilungssystem nehmen?

Die Vorbereitungen auf das Format laufen ja schon lange. Von daher sehe ich keine Probleme. Bei der Beurteilung sollte man sich aber schon etwas überlegen. Ich finde, dass im Abschlusszeugnis die Klausurnoten und die zuvor erbrachten Leistungen gleichwertig berücksichtigt werden sollten.