„Die Coronakrise trifft uns Musiker mit voller Härte“

Vorarlberger Künstler und Musiker erzählen, was sie in der Coronakrise bewegt und wie sie die Zeit abseits der Bühne nutzen.
Schwarzach Das Kulturleben ist aufgrund der Coronapandemie weitgehend zum Stillstand gekommen. Konzerte und Auftritte wurden abgesagt, Tourneen verschoben. Wie und wann es weitergehen wird, ist unklar. Obwohl die Ungewissheit den Künstlern Sorgenfalten ins Gesicht treibt, versuchen sie auch das Positive aus der Krise zu ziehen und die Zeit abseits der Bühne sinnvoll zu nutzen. „Corona trifft uns Musiker mit voller Härte. Ich bin plötzlich auf unbestimmte Zeit arbeits- und einkommenslos. Aber wir lassen uns die Freude am Leben nicht nehmen“, sagt VoXXclub-Mitglied Michael Hartinger (36), der derzeit für seine Fans fleißig Homevideos dreht. Auch Sängerin Lisa Aberer versucht das Beste aus der Krise zu machen. „Ich schreibe neue Songs und gönne mir bewusst Zeit für mich.“ Tobias Jussel (34) von der Band The Weight sieht die Krise als Chance: „Plötzlich ist man dazu gezwungen, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Wir brennen nun darauf wieder neu durchzustarten.“
Michael Hartinger, VoXXclub

Corona trifft uns Musiker mit voller Härte. Ich bin plötzlich auf unbestimmte Zeit arbeits- und einkommenslos. Paradoxerweise sind wir als Band voXXclub im Moment viel beschäftigt, obwohl wir keine Live-Konzerte geben können. Wir produzieren eifrig Homevideos, um unsere Fans auch in dieser schweren Zeit emotional zu bewegen und zu berühren. Unser neuestes YouTube-Video „Scheiss Corona“ soll jeden ermutigen, seiner Wut eine Stimme zu geben, Dampf abzulassen und diesem fiesen Coronavirus zu zeigen: Wir lassen uns die Freude am Leben nicht nehmen. Dann feiern wir eben zu Hause. Zudem versuche ich beruflich diese Zwangspause auch ein wenig für mich persönlich zu nutzen. Entschleunigung, Spaziergänge im Wald und Zeit mit der Familie stehen endlich auch mal auf meinem Tagesplan. Und so grün waren mein Garten und Rasen auch noch nie zuvor.
Daria Schuricht, Pastis

Aufgrund des Coronavirus sind mir und meiner Band Pastis alle Konzerte abgesagt worden. Im Frühling und Sommer ist sozusagen unsere Hauptsaison, da dort viel geheiratet und gefeiert wird und Leute gerne ausgehen. Es ist schade, so lange seiner Passion nicht nachzukommen, gerade weil schon Setlists und dergleichen für die Konzerte angefertigt worden sind. Zudem sind wir alle Freunde und vermissen es, uns zu sehen und miteinander zu musizieren. Da ich nun keine regelmäßigen Konzerte mehr habe, übe ich so gut wie jeden Tag an den Höhen und Tiefen meiner Stimme, um nicht aus der Übung zu kommen. Meine neu gewonnene Freizeit verbringe ich außerdem auch damit, mein Lieder-Repertoire zu erweitern und den Text alter Songs zu wiederholen, um sie nicht zu vergessen.
Lisa Aberer, Sängerin

Nach mehreren Wochen zu Hause kam bei mir ein bisschen Routine rein. Sobald ich meine täglichen Telefonate mit meiner Familie und Freunden gemacht habe, geht es ans Homeoffice. Ich bin hauptberuflich Sängerin, Konzerte fallen flach. Aber es gibt auch abseits der Bühne einige Dinge, die zu tun ist. So arbeite ich Anfragen ab, gebe Online-Unterricht, probiere mich an Instrumenten aus, übe und schreibe neue Songs. Eigentlich alles was dazugehört. Sobald ich damit durch bin, gönne ich mir nun auch mal ein bisschen Zeit für mich. Ich gehe Fahrradfahren, puzzle, lese ein gutes Buch auf meinem Balkon und genieße die Sonne, probiere neue Sachen aus oder spiele mit meinen Miezies. Macht das Beste aus eurem Tag und genießt auch die Zeit mit euch selber!
Wolfgang Verocai, Liedermacher

Oh du lieber Augustin, alles ist hin. Von einem Tag auf den anderen alles anders. Sämtliche Auftritte für lange Zeit weg. Dazu die mir wirklich fehlenden Sozialkontakte. Manche Kolleginnen und Kollegen trifft es härter als mich in meinem Alter. Da geht es – wie bei vielen anderen Mitbürgern – ans Eingemachte. Ich hoffe nun, dass unsere Gesellschaft so solidarisch bleibt wie in den ersten Wochen, wir eine „zweite Welle“ verhindern können, und der drohende Wohlstandsverlust bei den Bedürftigen ausgeglichen werden kann. Habt’s es gut und bleibt freundlich distanziert!
Chris Comper, Prinz Grizzley

Ohne diesen Zwischenfall wäre ich gerade zurück von einer UK-Tour, würde mich auf die Konzerte im Sommer freuen und das Booking für den Herbst wäre in vollem Gange. Jetzt ärgere ich mich mit der Technik von Livestreams herum und stehe vor dem Release eines neuen Albums, das ich sicher lange nicht live vortragen kann. Aber Jammern hilft nicht, jetzt heißt es kreativ werden und Wege finden, sich anzupassen. Ich versuche die guten Seiten zu sehen und zu genießen. Unser drittes Kind ist gerade auf die Welt gekommen, da kann ich jetzt Windeln wechseln und scheinbar in Luft aufgelöste Schnuller suchen und darf mich als Lehrer bei meinen zwei größeren Kindern versuchen. Die Krise hat uns etwas geschenkt, das wir schon eine Weile nicht mehr richtig wertgeschätzt haben, nämlich Zeit.
Domingo Mattle, Graffitikünstler

Mein Alltag hat sich grundsätzlich nur zum Positiven verändert – ich habe mehr Zeit für Reflexion, Dankbarkeit und um zu lernen. Ich denke, Künstler sind in diesen Zeiten zehnmal wichtiger geworden – Menschen die menschlich sind. Die Zeit der „crazy ones“ ist angebrochen und ich freue mich auf diese neue, spannende Zeit, die wir auf diesem Planeten gemeinsam erleben dürfen. Ich glaube, wir haben das Potenzial, in zehn Jahren eine Zeit wie diese als Menschheit ohne Existenzängste, Einsamkeit und finanziellen Druck zu durchleben.
Tobias Jussel, The Weight

Für unsere Band „The Weight“ hat es sich im März angefühlt, als ob beim Fahrradfahren plötzlich die Kette reißt: alle Auftritte abgesagt, keine gemeinsamen Treffen und Proben mehr möglich, sämtliche Vorbereitungen für unser neues Album „In Control“ beim Teufel. Mit den Shows ist uns natürlich auch unsere Haupteinnahmequelle weggebrochen. Doch man muss immer auch die Chancen einer Krise sehen. Plötzlich bist du gezwungen, dich mit dir selbst zu beschäftigen und in die Reflexion zu gehen. Das haben wir gemacht und brennen nun darauf, wieder neu durchzustarten.
Peter Fitz, Poetry-Slammer

Auch wenn die Situation herausfordernd ist, bietet sie auch Chancen. Für mich hat Kreativität ohnehin schon immer besser in Einsamkeit und Stille funktioniert. So beschäftige ich mich momentan mit Schreiben und Fotografieren. Außerdem entdecke ich neue Felder für mich, wie Puppenbau und Puppenspiel.