Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Hobelspäne

Vorarlberg / 02.07.2020 • 18:44 Uhr

Wie die Zeitschrift „Trend“ berichtete, zählten für die „Krisenstäbler“ in den Ministerien die Videokonferenzen mit den Landeshauptleuten zu ihren härtesten Erfahrungen. Unter anderem wurde seitens der Zentrale bekrittelt, dass die Ländervertreter keine verbindlichen Auskünfte über die Bettenkapazitäten oder die Zahl der Beatmungsgeräte und Masken machen konnten. Im Gegensatz dazu war in derselben Kolumne zu lesen, dass Bundesminister Anschober „nicht einmal im kleineren Kreis“ schlechte Worte über die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsreferenten in den Ländern fallen lasse.

Es handelt sich um das übliche Gesudere einiger Beamter, die gerne aus dem einen oder anderen real existierenden Problem eine Grundsatzfrage machen, im Wissen, dass sie mit ihren Klagen über schlecht funktionierende Abläufe in den Ländern bei den Medien in der Bundeshauptstadt immer ein offenes Ohr finden. Dagegen ist die Zurückhaltung des Gesundheitsministers eine Wohltat.

Wer sich übrigens in den Landesverwaltungen umhört, bekommt seinen eigenen Eindruck vom Kompetenzgerangel in den Ministerien und widersprüchlichen Vorgaben. Es wird notwendig sein, die Unstimmigkeiten in der Kooperation ehestmöglich zu überwinden: Das Virus ist nicht verschwunden. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, eine zweite Welle zu verhindern. Dazu gehört auch, auftretende Infektionscluster regional zu bekämpfen. Darüber scheint gegenwärtig im Wesentlichen Konsens zu bestehen. Das ist für die Länder auch eine Herausforderung: Seit „Ischgl“ sollte ihren Gesundheitsbehörden klar sein, dass sie unter besonderer Beobachtung stehen und selbst dann, wenn sie nach den Vorgaben des Bundesministeriums gehandelt haben, von denjenigen, die im Nachhinein immer alles besser wissen, gnadenlos vorgeführt werden.

Diese Krise lässt keine Zeit, Sündenböcke zu suchen, sondern kann nur in guter Zusammenarbeit bewältigt werden. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Wer nur auf diese schaut, aber nicht auf die eigentliche gemeinsame Aufgabe, hat seinen Job falsch verstanden.

„Dagegen ist die Zurückhaltung des Gesundheitsministers eine Wohltat.“

Peter Bussjäger

peter.bussjaeger@vn.at

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.