Mehr Schatten als Licht: So schnitten Vorarlbergs Maturanten ab

Dennoch: 1550 von 1620 Kandidaten haben die „Corona-Reifeprüfung“ bestanden.
Bregenz, Schwarzach Wenn da nur diese Vergleiche mit den anderen Bundesländern nicht wären. In dieser Wertung verzeichnen die Vorarlberger Maturanten einen noch nie gekannten Absturz. So sind die Deutschnoten der Schüler an den berusbildenden höheren Schulen (BHS) und den Gymnasien die schlechtesten in ganz Österreich. Dasselbe gilt für das Fach Mathematik.
Auch bei der Note Sehr gut schnitt Vorarlberg im Bundesländervergleich sehr mäßig ab. Da schafften nur im Fach Englisch die AHS-Schüler Vorarlbergs mit 30,9 Prozent eine Top-Platzierung.
Neu im Coronajahr: Die Maturaabschlussnote setzte sich aus der Klausurnote (bei Bedarf mit Kompensationsprüfung) sowie der Jahresabschlussbeurteilung zusammen. Das gab es vorher noch nie.
Die strengsten Lehrer?
Vor diesem Hintergrund weigert sich Andreas Kappaurer (59), pädagogischer Leiter der Bildungsdirektion Vorarlberg, das Ergebnis ausschließlich negativ zu sehen. Er nennt ein Beispiel: „Bei den BHS waren unsere Schüler nach der Mathematik-Klausur noch die Zweitbesten, nach den Kompensationsprüfungen dann auf einmal die Schlechtesten. Daraus leiten sich Fragen ab: Waren unsere Schüler die für die Kompensationsprüfungen am schlechtesten Vorbereiteten? Oder sind unsere Lehrer dort bei diesen mündlichen Prüfungen strenger als andere? Wir werden das alles genau analysieren müssen.“
„Nach der Klausur waren die BHS-Schüler noch die Zweitbesten. Danach die Schlechtesten.“
Andreas Kappaurer, Pädagogischer Leiter Bildungsdirektion Vorarlberg
Für Freddy Wittwer (43), Leiter der Arbeitsgemeinschaft Mathematik an den AHS ist offensichtlich: „Bei uns nimmt man die Kompensationsprüfungen genauer. Was nichts an der Tatsache ändert, dass wir im Rahmen einer normalen Schwankungsbreite heuer in Mathematik schlechter waren als im Vorjahr.“
Absturz in Deutsch
Nicht verhehlen will auch Andreas Kappaurer, „dass wir vor allem im Fach Deutsch ein Problem mit einigem Handlungsbedarf haben. Das lässt sich schon vor einer exakten Analyse sagen.“ Besonders an den Gymnasien war der Absturz in Deutsch im Bundesländervergleich drastisch. Mit 1,3 Prozent Nicht genügend knackte Vorarlberg als einziges Bundesland die Ein-Prozent-Marke deutlich.
Gerhard Pusnik (60), Sprecher der Vorarlberger AHS-Lehrer, kritisiert unabhängig vom mäßigen Abschneiden der Ländle-Maturanten die Prüfungsformate. Alle zwei Jahre greifen die Aufgabensteller in die Wunderbox, und dann gibt es wieder deutlich mehr Nicht genügend. Dass die Leistungen im Vorfeld der Matura in irgend einer Form für die Abschlussnote berücksichtigt werden, findet Pusnik gut. Gleichzeitig verlangt er jedoch mehr Unterstützung für die Oberstufengymnasien. „Weil dort die Schüler in vier Jahren das lernen sollten, wofür die Langformschüler viel mehr Zeit haben.“
Neue „Item Writer“ gesucht
Neue Prüfungsaufgaben für Mathematik fordert auch Freddy Wittwer. Der Lehrer am BG Bludenz macht derzeit eine Ausbildung zum sogenannten „Item Writer“. Das sind jene Experten, welche die Aufgabenstellungen für die Matura konzipieren. Von denen will Bildungsminister Heinz Faßmann (64) einige austauschen. Freddy Wittwer ist zuversichtlich, zum neuen Team zu stoßen. Dieses wird besonders für Teil zwei neue Aufgaben suchen müssen. DieAufgaben von Teil zwei der diesjährigen Klausur waren nach Ansicht vieler Betroffener viel zu schwer.
Das findet auch Katja Spatzek, scheidende Landesschulsprecherin AHS und heuer selbst Maturantin. „Wer in Teil eins nicht positiv war, hatte praktisch keine Chance, sich durch Aufgabenlösungen in Teil zwei noch zu retten“, hält Spatzek unmissverständlich fest.
„Wer in Teil eins nicht positiv war, hatte in Teil zwei keine Chance mehr.“
Katja Spatzek, AHS-Landesschulsprecherin
Der andere Vergleich
Den im Vergleich zu den anderen Bundesländern schlechten Vorarlberger Maturaergbnissen will Andreas Kappaurer einen anderen, positiven, Vergleich hinzufügen. „Nur 40 AHS Schüler, das sind sechs Prozent, und 30 BHS-Kandidaten, das sind drei Prozent, schafften letztlich heuer die Matura nicht. Insgesamt so wenige wie noch nie.“