Hilfe für junge Menschen in Krisensituationen

SOS-Jugendwohnen bietet seit 15 Jahren Unterstützung.
Dornbirn Stefanie Schwald (29) blättert in einem Fotoalbum. Immer wieder verharrt sie auf einer Seite und studiert die alten Bilder. Sie findet ihr Gesicht oft in dem schweren, ledergebundenen Bilderbuch. Helmut Riedl hat darin die Geschichte des SOS-Jugendwohnens dokumentiert, das vor 15 Jahren in Dornbirn gegründet wurde. Hier finden Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, die nicht bei ihren Eltern aufwachsen können, ein Zuhause. Auch Stefanie fand dort Zuflucht, als es Probleme in der Familie gab. Die junge Frau scheut sich nicht, über ihre Vergangenheit zu reden. „Ich konnte immer offen damit umgehen“, sagt sie und: „Es war eine gute Zeit.“ Vor allem habe sie gelernt zu unterscheiden, welche Leute ihr guttun und welche nicht. Den Kontakt zur Mutter hat Stefanie trotz aller Schwierigkeiten nie verloren. „Da haben die Betreuer gut dazugeschaut“, erklärt sie lächelnd.
Herzlicher Empfang
Dabei hatte Stefanie Schwald null Bock auf die Unterbringung im SOS-Jugendwohnen. Die in anderen Einrichtungen gemachten Erfahrungen trugen dazu bei. Doch die Herzlichkeit, mit der sie im Haus in der Quellengasse empfangen wurde, zerstreute jeden Zweifel. Stefanie wollte bleiben. Inzwischen ist sie selbst Mutter und will nur das Beste für ihr Kind. „Das wollen alle Eltern, aber es funktioniert eben nicht immer“, flicht Sabine Moosbrugger (51) verständnisvoll ein. Seit bald zehn Jahren leitet sie das SOS-Jugendwohnen in Dornbirn und Bregenz. Über die Mädchen und Burschen lässt sie nichts kommen. „Unsere Jugendlichen machen das gut“, betont Moosbrugger. Der Rucksack, den sie mitbringen, wiegt nämlich schwer, besonders in dieser schnelllebigen Zeit. „Die Probleme gehen tief“, spricht sie von fragilen Familiensystemen und massivem Leistungsdruck, unter dem schon Kinder stehen. Dazu kommen oft noch psychiatrische Erkrankungen und Traumatisierungen.
Psychische Belastungen
Früher stand die Unterstützung bei der Arbeitssuche oder Bewältigung des Alltagslebens im Mittelpunkt. „Heute sehen wir uns zunehmend mit psychischen Belastungen Jugendlicher konfrontiert“, bestätigt Johannes Hoschek (58, tätig für das Betreute Außenwohnen, wo seit 2016 auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eine Heimat auf Zeit finden. Umso wichtiger sei es, den jungen Menschen positive Erlebnisse zu verschaffen. Verändert hat sich laut Moosbrugger und Hoschek auch der administrative Aufwand für die Betreuung von Jugendlichen. Mehr Dokumentation benötigt mehr Büroarbeit. Zeit, die Sabine Moosbrugger lieber mit den jungen Leuten verbringen würde, aber Vorschrift ist eben Vorschrift.
Als wichtigen Bereich bezeichnet sie die Elternarbeit. Hier sind die Mitarbeiter besonders gefordert mit Verständnis und Wertschätzung, denn es geht immer auch um die Rückführung der Jugendlichen in die Herkunftsfamilie. 270 Jugendliche wurden in den vergangenen 15 Jahren in Dornbirn und Bregenz betreut. Dornbirn war 2005 die erste Wohngemeinschaft, in die Mädchen und Burschen einzogen. Gemischte Gruppe, gemischte Gefühle und heute selbstverständlich.