VN-Wanderserie: Durch den Penninischen Ozean zur Lindauer Hütte.

Eine einfache Wanderung vom Golm zur Lindauer Hütte durch eine urzeitliche Landschaft.
Vandans Die heutige Tour führt in ein landschaftlich und geologisch äußerst spannendes Gebiet. Das gesamte Rätikon bietet eine Vielzahl an tollen Touren. Von anspruchsvolleren Wegen wie zum Beispiel auf den Panüler Kopf an der spektakulär gelegenen Mannheimer Hütte, über bekannte Gipfelzielen wie Schesaplana oder Sulzfluh, bis zu wunderschönen einfacheren Wanderungen am Lünersee oder eben unserer heutigen Tour am Golm. Im Rätikon findet sich für jeden etwas Spannendes. Wir entscheiden uns heute für die schöne Wanderung vom Golm zur Lindauer Hütte. Wir sparen uns die anstrengenden Höhenmeter und fahren mit der Seilbahn (entweder von Vandans oder Latschau) bis zur Bergstation Grüneck. Von hier geht es kurz bergauf und dann den Gauertaler AlpkulTour Weg entlang. Dieser Weg informiert an mehreren Stationen über die Montafoner Maisäßkulutur im Gauertal. Neben diesen Informationen bietet der Weg natürlich auch wieder tolle naturkundliche Schätze und spektakuläre Ausblicke auf die Gipfel des Rätikons.

Der Weg führt in leichtem Auf und Ab entlang von Alpwiesen bis zur Latschätzalpe. An der Landschaft hier kann man schon einige geologische und naturkundliche Besonderheiten erkennen. Entlang der Hänge wachsen neben den Wiesen überwiegend Erlensträucher, wenden wir den Blick in Richtung Sulzfluh und Drei Türme, können wir unter den Felsflächen einen Bereich mit Latschenkiefern erkennen. Schauen wir ein Stück weiter nach Südosten, erkennen wir ab der Schwarzen Scharte unterhalb des Schwarzhorns und der Tschaggunser Mittagsspitze wieder Erlengebüsch. Diese Vegetation deutet auf eine unterschiedliche Geologie des Untergrundes und die damit zusammenhängenden Verhältnisse im Boden hin. Die Latschenkiefern können sich eher auf trockenen und sonnigen Standorten durchsetzen, die Erlen hingegen findet man meistens auf eher nassen, lehmigen Böden. Genau das kann man auch hier deutlich erkennen. Die Südhänge des Latschätzkopfs bestehen aus metamorphen Gesteinen und stellen ein Bruchstück des einstigen Superkontinents Pangäa dar. Diese Umwandlungsgesteine stehen nicht nur farblich in starkem Kontrast zu den Kalkfelsen, die uns von der Sulzfluh und den Drei Türmen entgegenleuchten: auf den harten, verwitterungsresistenten Gesteinen unterhalb des Latschätzkopfs fließt das Wasser oberflächlich ab, an den Ablagerungsgesteinen der Sulzfluh hingegen verschwindet das Wasser in Spalten, die der Regen im Laufe der Zeit in den Fels gefressen hat. Diese Kalksteine bestehen aus zermahlenen Korallen und Muscheln, die vor etwa 150 Mio. Jahren in einem Flachwasserbereich des sogenannten Penninischen Ozeans lebten. An der Schwarzhornscharte und am Schwarzhorn selbst finden wir wieder einen aus geologischer Sicht spektakulären Mix aus ehemaligem Ozeanboden und Gesteinen, die aus den Tiefen des Erdmantels stammen.

Aber nicht nur die Landschaftsformen und die Sträucher geben uns hier Hinweise auf die geologischen Besonderheiten. An den Steinen entlang des Weges können wir bis unterhalb der Gaißspitze immer wieder die auffallende, gelb leuchtende, Landkartenflechte entdecken. Diese Flechte wächst niemals auf reinem Kalkgestein, sondern bevorzugt sogenannte Silikatgesteine als Untergrund. Daher können wir diese Flechte auch im Kalkgestein rundum die Lindauer Hütte nirgends finden. Eine weitere Besonderheit stellen die Alpenrosen dar. Hier finden wir zwei Arten. Einmal die Bewimperte Alpenrose mit ihren kleinen Härchen an den Blättern und zum anderen die Rostblättrige Alpenrose. Die Bewimperte Alpenrose ist sehr wählerisch und wächst nur auf kalkreichem Untergrund, die Rostblättrige Alpenrose ist jedoch flexibler. Das können wir auf unserer Wanderung genau beobachten. Zunächst lässt sich nur die Rostblättrige Alpenrose am Wegesrand finden, kurz vor der Lindauer Hütte jedoch taucht auch die Bewimperte Alpenrose vermehrt auf. Wir befinden uns ab hier im kalkreichen Gestein der Sulzfluhkalke.

Nach ca. 1 ¾ Stunden erreichen wie die Lindauer Hütte, wo wir uns mit allerlei Köstlichkeiten stärken können, bevor wir den Weg durchs schöne Gauertal zurück nach Latschau absteigen. Wer etwas mehr Höhenmeter machen möchte und trittsicher ist, kann von der Bergstation auf dem Golmer Höhenweg über das Kreuzjoch bis zur Gaißspitze wandern und von dort zur Lindauer Hütte absteigen (zusätzliche 500 Hm im Auf- und Abstieg).
Es ist immer wieder faszinierend, wie Kleinigkeiten am Wegrand so viel über die Landschaft und ihre Entstehung erzählen können. Die Natur bietet noch viele weitere solcher Entdeckungen. Wir müssen uns nur die Zeit nehmen und genau darauf achten.
Tourdaten
Gehzeit ca. 4 Stunden
Distanz ca. 11 Kilometer
Höhenmeter ca. 120 Aufstieg, ca. 1000 Abstieg bis Latschau
Anreise Mit der Montafoner Bahn bis Vandans und dort 20 Minuten Fußweg zur Talstation Golmerbahn