Zwischen Schutt und Asche: Markus Stengeles Einsatz in Beirut

Gebürtiger Feldkircher war fünf Tage lang in Beirut, um zusammen mit anderen freiwilligen Helfern nach Verschütteten zu suchen.
Beirut, Feldkirch Die Bilder aus der libanesischen Hauptstadt, wo eine verheerende Explosion die halbe Stadt in Schutt und Asche legte, erschütterten die Welt. Bei dem Unglück im Hafen von Beirut kamen am 5. August 180 Menschen ums Leben, rund 6000 wurden verletzt.
Markus Stengele aus Feldkirch war an diesem Abend gerade nach seinem Lauftraining mit Freunden auf der Terrasse, als er die Bilder der Katastrophe im Fernsehen sah. „Ich habe mir dort schon gedacht, dass ein Einsatz wahrscheinlich ist“, erzählt Stengele. Der 43-Jährige ist seit fünf Jahren Mitglied des USAR-Teams (Urban Search and Rescue) der deutschen Hilfsorganisation @fire, die unter dem Motto „Feuerwehrleute helfen weltweit“ international Hilfe bei Naturkatastrophen leistet. Seine Vorahnung bestätigte sich: Schon am nächsten Tag machte er sich gemeinsam mit zwei Frauen, elf Männern und zwei Suchhunden von Frankfurt aus auf den Weg nach Beirut.


Ausgerüstet mit Suchkamera, Erschütterungsdetektoren und GPS-Trackern im Rucksack machten sich die Feuerwehrleute der ehrenamtlichen Katastrophenschutztruppe „@fire“ auf die Suche nach Überlebenden im Schutt und den Trümmern der zerstörten Hafenanlagen. Auch die Sicherung von einsturzgefährdeten Gebäuden gehörte zu ihren Aufgaben. „Was das Ausmaß der Zerstörung betrifft, haben sich die Bilder aus den Fernsehberichten bestätigt“, berichtet der dreifache Vater. „@fire war im Auftrag der libanesischen Regierung im Einsatz, die Anfrage für Unterstützung kam über den libanesischen Botschafter in Deutschland. Die Einsatzleitung vor Ort oblag den lokalen Behörden, mit denen wir die Einsatztätigkeiten eng abgestimmt haben“, betont Stengele. Geschlafen wurde in Schlafsäcken in den Klassenzimmern der “German International School Beirut”.

In Erinnerung bleibt ihm aber vor allem die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung: „Sie haben versucht aufzuräumen, Straßen wieder befahrbar zu machen sowie Essen und Trinken für die arbeitenden Einsatzkräfte zur Verfügung zu stellen, obwohl Stunden zuvor 250.000 Menschen obdachlos wurden.“ Begleitet wurde das freiwillige Helferteam von bewaffnetem Militär, das sie beim Gütertransport unterstützte. „Unterstützung bekamen wir auch von den lokalen Feuerwehrkameraden.“ Obwohl diese bei dem einschneidenden Erlebnis zehn Kameraden verloren haben, unterstützten sie die Helfer und transportierten sie mit den übrig gebliebenen Feuerwehrtransportfahrzeugen in ein Basislager: „Ein unbezahlbares Bild, das ich bis jetzt klar vor Augen habe“, sagt Stengele.


Ob der gebürtige Nofler auch Angst bei dem Einsatz verspürte? „Furcht hatten wir vor allem, dass wir wegen der schon verstrichenen Zeit einen Menschen nicht rechtzeitig retten konnten – nach 96 Stunden ist eine Lebendrettung sehr unwahrscheinlich“, betont der Feldkircher, der über seinen Arbeitgeber Hilti AG, die der Hilfsorganisation Gerätschaften und Werkzeuge zur Verfügung stellt, zu „@fire“ kam. „Ich sehe es als meine Pflicht an, einen helfenden Beitrag zu leisten, ich wäre umgekehrt ja auch froh. Der Wert einer Gesellschaft misst sich daran, wie in Krisensituationen mit Mitmenschen umgegangen wird“, ist der Feuerwehrmann, der unter anderem auch für die Waldbrandbekämpfung-Einsatztruppe „Wild Fire Fighter“ tätig ist, überzeugt.
@fire
„@fire“ ist eine ehrenamtliche Organisation, die Helfer arbeiten unentgeltlich, Material und Logistik wird über Spenden finanziert. Wer sie unterstützen möchte, findet alle weiteren Informationen unter: https://www.at-fire.de/spenden.

