Rudi Längle: vom Heimkind zum Tierschützer

Vorarlberg / 03.09.2020 • 11:00 Uhr
Rudi Längle: vom Heimkind zum Tierschützer
Rudi Längle setzt sich seit 25 Jahren für Tiere ein. In dieser Zeit hat er mehr als 200 Tiere gerettet, darunter viele Pferde.

Zuerst kämpfte er für die Menschen, dann für die Tiere. Rudi Längle (60) stand sein ganzes Leben auf der Seite der Schwachen.

Doren Nach der Scheidung seiner Eltern steckte man den fünfjährigen Rudi gemeinsam mit seinen sieben Geschwistern ins Kinderheim Au-Rehmen. Bevor er von seiner Mama getrennt wurde, sagte sie noch zu ihm: „Rudi, du musst mir auf die kleinen Geschwister aufpassen.“ Das Bübchen verstand nicht, warum man ihn und seine Brüder und Schwestern in die Obhut von wildfremden Menschen gegeben hatte. „Bei der Ankunft im Kinderdorf weinten wir alle. Es war grauenhaft“, erinnert er sich.

“In den ersten sechs Jahren hatten wir eine Kinderdorf-Tante, die eine Sadistin war. Sie war gnadenlos zu den Kindern, die sie nicht mochte.”

Rudi Längle, ehemaliger Kinderdorfzögling

Doch es sollte noch viel schlimmer kommen. „In den ersten sechs Jahren hatten wir eine Tante, die eine Sadistin war. Sie war gnadenlos zu den Kindern, die sie nicht mochte. Sie hat sie traktiert, abends hungrig ins Bett geschickt und grundlos geschlagen, mit einem Teppichklopfer oder einer Rute.“ Rudi gehörte zu jenen, die sie in Ruhe ließ. „Mich hat sie zum Arbeiten gebraucht. 90 Prozent der Hausarbeit machten wir Kinder.“  

Rudi kümmerte sich wie eine Mutter um seine jüngeren Geschwister und stellte sich schützend vor sie. „Ich habe ihnen die Windeln gewechselt und die Flasche gegeben. Später habe ich mit ihnen die Hausaufgaben gemacht und sie aus Konflikten herausgehalten.“ Als eine neue Tante kam, wendete sich vieles zum Guten. „Isabell war eine gute Seele und hat sich liebevoll um uns Kinder gekümmert. Jetzt machte ich mir keine Sorgen mehr um meine Geschwister.” 

Rudi Längle - hier mit seinem jüngsten Bruder Hannes - kümmerte sich immer vorbildlich um seine Geschwister.
Rudi Längle - hier mit seinem jüngsten Bruder Hannes - kümmerte sich immer vorbildlich um seine Geschwister.

Rudi selbst konnte nie Kind sein, weil er früh die Verantwortung für seine Brüder und Schwestern übernehmen musste. „Ich schaute immer, dass es anderen gut ging.“ Die Kindheit konnte ihm keiner mehr zurückgeben. Aber die Zukunft, die konnte er in die Hand nehmen. Weil er ein guter Schüler war, durfte der Kinderdorfzögling nach der Hauptschule ein Gymnasium besuchen. Nach der Matura studierte er Rechtswissenschaften mit dem Ziel, später den Richterberuf auszuüben. „Ich wäre auch sehr gerne Tierarzt geworden, aber ich kann Tiere nicht operieren. Das täte mir weh.“ Weil er gesehen hatte, wie wenig kindgerecht die Kinderdorfkinder behandelt wurden, entwickelte er einen unheimlich starken Gerechtigkeitssinn. „Ich wollte als Richter faire Urteile fällen.“ Das Studium finanzierte er sich selbst, indem er am Bau und in der Gastronomie arbeitete.

Nach dem Gerichtsjahr absolvierte er den Zivildienst bei der Lebenshilfe. Dort blieb er hängen. 15 Jahre lang. Als Betriebsratsobmann setzte sich Rudi für die Schützlinge und die Angestellten ein. Er kämpfte unter anderem erfolgreich für bessere Arbeitsbedingungen. Als der Gewerkschafter bei der Lebenshilfe alles erreicht hatte, was er wollte, verabschiedete er sich in die Politik. „“Ich bin ein total politischer Mensch. Politik ist eine wichtige gesellschaftliche Arbeit.“ Nachsatz: „Aber die Personalpolitik in den Parteien ist ein dreckiges Geschäft.“ Nach nur einem Jahr warf er als SPÖ-Geschäftsführer aufgrund interner Querelen das Handtuch.

“Tiere sind besonders schutzbedürftig”

20 Jahre hat er sich für Menschen eingesetzt. „Ich half, wo ich konnte. Aber nun reichte es mir.“ Erst als Tierschützer fand der heute 60-Jährige seine wahre Berufung. „Tiere sind die schwächsten Glieder der Gesellschaft. Sie sind besonders schutzbedürftig, stimm- und hilflos und abhängig vom Menschen. Sie können nicht einmal einen Wasserhahn allein aufdrehen.“ 

Rudi, der schon immer auf der Seite der Schwachen stand, begann Tiere zu retten, die für den Schlachthof bestimmt waren oder schlecht gehalten wurden. Was als Privatinitiative begann und aus eigener Tasche bezahlt wurde, nahm nach zehn Jahren einen größeren Umfang an. Deshalb gründete Rudi 2006 den Verein „Tierhilfe Vorarlberg“. „Dank der Vereinsgründung wurden wir bekannter und bekamen mehr Spenden.“ Der engagierte Tierschützer zog mit seinen Tieren auf einen größeren Hof in Riefensberg und 2011 schließlich nach Doren. „Dort haben wir Gut Bozenau aufgebaut. Derzeit leben bei uns 22 Ponys, 6 Pferde, 18 Ziegen, 4 Hängebauchschweine, zwei Hunde und mehrere Hühner und Tauben“, berichtet Rudi, der in den vergangenen 25 Jahren mehr als 200 Tiere gerettet hat, darunter viele Pferde.

Der Tierschutzverein “Tierhilfe Vorarlberg” kämpft ums Überleben. Rudi Längle bittet die Bevölkerung und das Land Vorarlberg um Unterstützung.

Spendenkonto: Tierhilfe Vorarlberg, Raika Hittisau, AT: 933743500000047670.