Tradierte Rollenbilder als Hürde für Frauen

Vorarlberg / 14.09.2020 • 19:00 Uhr
Tradierte Rollenbilder als Hürde für Frauen
Eva Maria Mair aus Hard könnte es nach der Stichwahl als fünfte Bürgermeisterin noch ins Amt schaffen. VN/STEURER

Bei den Gemeindewahlen halbierte sich die Zahl der Bürgermeisterinnen.

Schwarzach Vor den Gemeindewahlen waren acht der 96 Kommunen in Frauenhand. Der Urnengang am Sonntag hat ihre Anzahl fast halbiert. Vier Kandidatinnen konnten sich bereits in der Direktwahl durchsetzen, eine Bewerberin, und zwar die amtierende Harder Bürgermeisterin Eva Maria Mair, muss in die Stichwahl. Insgesamt hatten sich 22 Frauen in 16 Gemeinden der Bürgermeister-Direktwahl gestellt. Kiki Karu vom Frauennetzwerk Vorarlberg bedauert zwar, dass die Zahl der Amtsinhaberinnen zurückgegangen ist, will aber nicht gleich nur das Negative sehen. „Es kommt auch noch darauf an, wie viele Frauen in die Gremien einer Gemeinde bestellt werden“, sagt sie. Derzeit liegt der Anteil von politisch aktiven Frauen bei 23 Prozent. „30 Prozent wären gut“, meint Karu. Positiv aufgefallen ist ihr, dass sich mehr Frauen auf den Wahllisten finden.

Auge auf die Vizebürgermeisterin

Zwei, die es bei diesen Gemeindewahlen genau wissen wollten, waren Alexandra Battlogg aus St. Anton im Montafon und Andrea Tschofen-Netzer aus Tschagguns. Beide traten zum ersten Mal an und das gleich für das Bürgermeisteramt. Obwohl es letztlich nicht für den Chefsessel reichte, konnten sich die Ergebnisse sehen lassen. Battlogg erreichte in der Bürgermeister-Direktwahl rund 44 Prozent, Tschofen-Netzer kam auf knapp 43 Prozent. „Einfach ist es nicht, man muss sich diesen Schritt schon genau überlegen“, sagt Andrea Tschofen-Netzer. Das Wahlergebnis bestätigt ihrer Meinung nach aber, dass sie mit den Themen am Puls der Zeit war. Sollte in der konstituierenden Sitzung der Wählerwille ernstgenommen werden, merkt sie an, müsste wenigstens das Amt der Vizebürgermeisterin drin sein. „Ich würde auch das gerne machen“, hält Tschofen-Netzer mit ihren Ansprüchen nicht hinter dem Berg. Das relativ geringe Interesse von Frauen an politischen Funktionen führt sie darauf zurück, dass sie nicht gefragt werden. Sie selbst hat sich neun Frauen ins Team geholt. „Starke Frauen“, ergänzt Andrea Tschofen-Netzer.

Den Schritt nicht bereut

Wie sehr tradierte Rollenbilder in der Bevölkerung noch verankert sind, bekam Alexandra Battlogg bei ihrem Antreten zu spüren. Mehr als einmal musste sich die Mutter und Landwirtin anhören, dass ein Bürgermeisteramt mit drei Kindern nicht zu schaffen sei. Das Wahlergebnis macht sie trotzdem stolz. Battlogg freut sich auf die Arbeit in der Gemeindevertretung und hofft auf eine gute Zusammenarbeit. Bereut hat sie den Schritt trotzdem nicht. „Man muss sich für die Heimat einsetzen“, sagt sie. Darüber hinaus will sie auf jeden Fall in Kürze wieder arbeiten gehen. „Trotz Kindern und Landwirtschaft.“ Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie den Biohof so umstrukturiert, dass mehr Freiraum bleibt. Den wird Alexandra Battlogg jetzt beruflich anderweitig nützen.

Männer gefordert

Auch das Frauennetzwerk plädiert für eine Berufstätigkeit von Frauen, um sich im Fall des Falles selbst versorgen zu können. Gleichzeitig sei das Mitbestimmen über Dinge, die vor der eigenen Haustüre passieren, vom scheppernden Kanaldeckel bis zur Kinderbetreuung, aus Sicht von Kiki Karu ebenfalls für Frauen essenziell. „Je mehr mitreden, umso fundierter wird eine Entscheidung.“ Dann müssten sich aber auch die Männer mehr einbringen. Vor den Gemeindewahlen rührte das Frauennetzwerk Vorarlberg fleißig die Werbetrommel, bot im Vorfeld auch Workshops an, die Frauen auf ein Engagement auf Gemeindeebene einstimmen sollten. Im Herbst gibt es eine Neuauflage dieser Veranstaltungen.