Hotellerie will um jede Abendstunde kämpfen

Vorarlberg / 23.09.2020 • 05:15 Uhr
Hotellerie will um jede Abendstunde kämpfen
Unbeschwertes und ungeschütztes Partyvergnügen ließ die Politik jetzt handeln. VN/RAUCH

Vorverlegung der Sperrstunde auf 22 Uhr sorgt auch für Kritik.

Bregenz, Schruns Paukenschlag am Vormittag: Die Sperrstunde wird in Vorarlberg, Tirol und Salzburg von 1 Uhr auf 22 Uhr vorverlegt. Das gaben die Landeshauptleute am Dienstag bekannt und begründeten die drastische Maßnahme mit den steigenden Coronazahlen. Für den Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner besteht sogar eine zwingende Notwendigkeit, diese Schritt zu setzen. Die Auswertung der verschiedenen Cluster habe deutlich gezeigt, dass gerade zu später Stunde die Eigenverantwortung stark abnehme. Die frühe Schließung von Lokalen soll ausuferndem Jubel und Trubel einen Riegel vorschieben. Die neue Sperrstundenregelung gilt ab dem kommenden Freitag und ist auf vorerst drei Wochen befristet. Den Alleingang der Westachse ermöglicht eine Verordnung des Gesundheitsministeriums.

Ruf nach Ausnahmegenehmigung

Die Hotellerie in Vorarlberg will das nicht einfach hinnehmen und ruft laut nach einer Ausnahmegenehmigung für Hausgäste. Sie sollen sich wenigstens bis 24 Uhr im Hotelbereich aufhalten dürfen. „Wenn der Gast schon um 22 Uhr auf sein Zimmer muss, ist das kein Urlaub mehr“, sagt Heike Ladurner-Strolz, Landessprecherin der Österreichischen Hoteliersvereinigung (ÖHV). Das Verständnis für die Maßnahme an sich ist zwar da, denn ein zweiter Lockdown müsse verhindert werde, es brauche jedoch eine Differenzierung zwischen Massengastronomie, Nachtgeschäft und Hotelgast. In der Wirtschaftskammer wird die Forderung laut Ladurner-Strolz unterstützt. „Jede zusätzliche Stunde wäre ein Gewinn“, merkt sie noch an.

Branche unter Druck

Kritisch sehen auch SPÖ und Neos die Maßnahme. Neos-Klubofrau Sabine Scheffknecht spricht von einem langsamen Tod der Gastronomie durch chaotisches Krisenmanagement. „Mit dieser undurchdachten Sperrstundenregelung gerät eine Branche, die zu den wichtigsten Arbeitgebern im Land gehört, weiter unter Druck“, fürchtet Scheffknecht um den Verlust vieler Arbeitsplätze. Die Gesundheitssprecherin der SPÖ, Elke Zimmermann, moniert, dass die Sperrstundenverkürzung das Nachtgeschehen noch mehr in den Privatbereich verlagere. Überhaupt fehle es an einer gemeinsamen Strategie. „Wenn wir wollen, dass die Gesundheitsmaßnahmen von allen akzeptiert werden, sollten wir bundesweit nach denselben Regeln spielen“, erklärt Zimmermann und spricht sich für ein nochmaliges Überdenken der Maßnahme aus. ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer urgiert einen Schutzschirm für das Gastgewerbe, um die programmierten Einnahmenausfälle zu kompensieren und Betriebsschließungen aus Verzweiflung zu verhindern. Reitterer: „Das muss jetzt genauso rasch und unkompliziert gehen, wie die Vorverlegung der Sperrstunde.“ Gabriel Venturiello, Inhaber von Gabriel’s Cucina in Dornbirn, will den Protest sogar auf die Straße bringen. Er kritisiert die mangelnde Kommunikation und Begründung der Landesregierung und die Wirtschaftskammer als Sprachrohr der Regierung.

25 Neuinfektionen

25 Neuinfektionen meldete die Landessanitätsdirektion am Dienstagnachmittag. Neun Neuinfektionen können auf das Umfeld von bereits zuvor positiv getesteten Personen zurückgeführt werden. Sechs weitere Personen waren bereits als Kontaktpersonen abgesondert. Bei zehn positiven Testungen sind die Ansteckungsquellen bislang noch unklar. 31 Personen wurden gesund gemeldet.