Farbwechsel nach 66 Jahren in Hard

Vorarlberg / 27.09.2020 • 22:00 Uhr
Farbwechsel nach 66 Jahren in Hard
Martin Staudinger ist der neue Bürgermeister von Hard.

Erdrutschsieg für die SPÖ in Hard: Martin Staudinger siegt deutlich vor der ÖVP-Kandidatin.

HARD Mehr als 66 Jahre mussten die Harder Sozialdemokraten warten, bis wieder ein SPÖ-Mann den Bürgermeistersessel eroberte. Nachdem Josef Blenk 1954 verstorben war, blieb das Amt des Gemeindechefs stets in schwarzer Hand. Am Sonntag wiederholte Martin Staudinger aber seinen Erfolg aus der Gemeindewahl und holte sich mit überragenden 67,1 Prozent den Sieg.

Zwar hatten die Harderinnen und Harder in der Vergangenheit der SPÖ immer wieder Erfolge gebracht, allerdings ausschließlich bei Landtags- und Bundeswahlen. Auf Gemeindeebene fand sie immer weniger Zustimmung, vor fünf Jahren reichte es gerade noch für zwei Mandate.

Der völlige Verzicht auf das Parteilogo machte die Gruppe jetzt deutlich erfolgreicher. Die Liste „Martin Staudinger – Mitanand für Hard“ fuhr bereits am 13. September einen Erdrutschsieg ein und gewann gleich acht Mandate dazu. Mit zehn Mandatarinnen und Mandataren kam die Gruppierung knapp an die ÖVP-Fraktion mit elf Mandaten heran.

Bereits im ersten Wahldurchgang schaffte es SPÖ-Landesparteiobmann Martin Staudinger, die ÖVP-Bürgermeisterin an Wählerstimmen zu übertreffen. Jetzt kann er mit überdeutlichem Vorsprung auch ins Chefbüro des Rathauses einziehen und dort damit beginnen, die verschiedenen Themen aus seinem Wahlkampf umzusetzen.

Drei auf Augenhöhe

Der neue Harder Bürgermeister findet allerdings in der Gemeindevertretung keine klare Mehrheit vor. Zu den beiden größten Fraktionen gesellen sich die Harder Grünen, die am 13. 9. von 6 auf 8 Mandate zugelegt haben. Alle drei Fraktionen haben zwar bekundet, die Zusammenarbeit zu suchen, allerdings gibt es in einigen Bereichen gewiss unterschiedliche Ansichten. Einig sind sich SPÖ, ÖVP und Grüne darin, das Strandbad und den Uferbereich ohne riesigen Aufwand attraktiver zu gestalten. Nur mehr geringe Rollen spielen die Harder Liste, die von bisher 5 auf 2 Mandate zurechtgestutzt wurde. Auch die FPÖ hat noch 2 statt zuvor 3 Mandate. Zur Mehrheitsfindung können beide Gruppen also nicht unbedingt beitragen.

Staudinger und Hammerer?

Bei zahlreichen Themenbereichen decken sich die Aussagen von Martin Staudinger mit der grünen Spitzenkandidatin Eva Hammerer. So soll es endlich mit der Dorfseele weitergehen, der Belebung des Areals um die einstige Schule Markt. Auch ein Dorfzentrum, das mehr Rücksicht nimmt auf Radler und Fußgängerinnen, streben beide an. Selbstverständlich sollen auch die Bürgerinnen und Bürger besser an der Entscheidungsfindung beteiligt werden.

Diese Gemeinsamkeiten könnten dazu führen, dass Eva Hammerer bei der konstituierenden Sitzung der Gemeindevertretung am 22. Oktober zur Vizebürgermeisterin gewählt wird. Die bisherige Bürgermeisterin Evi Mair wird sich, wie in den VN bereits angekündigt, nach der verlorenen Wahl völlig aus der Politik zurückziehen. Ob die anderen Mitglieder der reduzierten ÖVP-Fraktion eher auf Zusammenarbeit oder auf Opposition setzen, wird sich zeigen. Vor der Wahl gab es jedenfalls auch aus der früheren Mehrheitspartei viele Signale für mehr Zusammenarbeit.

Das sagt Martin Staudinger zum Sieg.
Das sagt Eva Maria Mair zur Niederlage.

Reaktion Anton Weber, Harder Liste: „Das ist ein echter Neuanfang“

Rechtsanwalt Dr. Anton Weber von der Harder Liste begrüßt die Veränderung an der Spitze der Gemeinde. „Jetzt wissen die Harderinnen und Harder wenigstens, mit wem sie es die kommenden Jahre zu tun haben. Evi Mair wäre ja wohl eher Platzhalterin für den nächsten Kandidaten gewesen. Irgendwie tut mir der neue Bürgermeister Staudinger aber auch leid. Er muss aufräumen, was die bisherige Mehrheit verbockt hat. Das gilt besonders für das Gemeindebudget, aber auch für zahlreiche andere Baustellen.“

Reaktion: Eva Hammerer, Grünes Hard: „Harder wünschen Veränderungen“

„Die über 67 Prozent für Martin Staudinger sind ein deutliches Zeichen dafür, dass die Harderinnen und Harder Veränderungen wünschen.“ Die Landtagsabgeordnete Eva Hammerer vom Grünen Hard hofft darauf, dass das Miteinander, mit dem der neue Bürgermeister angetreten ist, nach der Wahl im Rathaus Einzug hält. „Ich setze auf eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.“ Sie habe im Dezember Evi Mair das Angebot gemacht, als Vizebürgermeisterin mitzuwirken. Das wurde nicht angenommen. Martin Staudinger werde sie dieses Angebot ebenfalls machen. Und als besonders wichtige Maßnahme sieht auch sie die dringende Sanierung des Gemeindebudgets.

Reaktion: Rupert Groicher, FPÖ: „Das hat die ÖVP selbst verschuldet“

Farbwechsel nach 66 Jahren in Hard

Ihr Wahldebakel habe sich die ÖVP Hard selbst zuzuschreiben. Rupert Groicher, Dritter auf der FPÖ-Liste, meint, dass die Harderinnen und Harder nicht vergessen hätten, wie während der vergangenen Jahre über sie drübergefahren worden sei.

Reaktion: Helmut Kloser und Alwin Riedmann, SPÖ-Granden: Überwältigt

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Zum Wahlsieg gratulierten dem neuen Bürgermeister Martin Staudinger auch die beiden altgedienten Harder SPÖ-Mandatare Helmut Kloser und Alwin Riedmann. Der 79-jährige Riedmann war von 1966 bis 1994 Ortsobmann der SPÖ Hard und war auch Landtagsabgeordneter. Helmut Kloser war einst SPÖ-Vizebürgermeister. Beide hatten auf einen Sieg von Martin Staudinger gesetzt, der überragende Erfolg überwältigte sie. „Und dass wir zehn Mandatare in der Gemeindevertretung haben, das gab es zuletzt vor 40 Jahren, also 1980“, erinnert sich Alwin Riedmann.

Text: Alfons Kopf