Wenn Jugendliche die Krise haben

Offene Jugendarbeit Bludenz erhebt die Stimme für die heranwachsende Generation.
Bludenz Ein ganzes Jahr steht nun im Schatten der Coronapandemie und hinterlässt vor allem bei Jugendlichen ihre Spuren. Seit Monaten legt das Coronavirus den Schulalltag lahm, statt Unterricht vor Ort an den Schulen sind Kinder und Jugendliche dazu verdammt, sich den Lernstoff größtenteils zu Hause und im Alleingang anzueignen. Diesbezüglich ist inzwischen immer öfter von der „Lost Generation“, die weniger lernt als die Generationen davor, die Rede. Auch bei der Suche nach einem geeigneten Job stehen die Jugendlichen vor großen Herausforderungen und stoßen oft an ihre Grenzen. Doch das ist noch nicht alles.
Kinder- und Jugendpsychiatrien klagen über eine eklatante Zunahme von stationären Aufnahmen und warnen vor den negativen Auswirkungen der Krise auf die Psyche unserer jungen Generation. Laut Studien der Med Uni Wien und der Donau-Uni Krems leiden bereits 56 Prozent unter einer depressiven Symptomatik und 16 Prozent unter suizidalen Gedanken.
Belastung für Schüler und Eltern
Was also tun, wenn die sozialen Kontakte fehlen und die Jugendlichen immer öfter von Überforderung sprechen? Die Offene Jugendarbeit Bludenz steht in direkter Beziehungsarbeit mit Jugendlichen und im engen Austausch mit Schulen der Region und kann diese Zahlen durch viele Gespräche bestätigen. Das Homeschooling erleben viele Schüler und Eltern als extreme Belastung und ein weitgehendes Wegfallen der Ausübung von Sport im außerschulischen Bereich birgt laut Experten zudem hohe Risiken für die psychomotorische Entwicklung.
Soziale Kontakte fehlen
Ein weiteres Manko in diesen Krisenzeiten sind die fehlenden bzw. sehr stark eingeschränkten sozialen Kontakte der heranwachsenden Generation. Mit Fortdauer der Krise und den damit verbundenen Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen würden diese immer mehr zum Tragen kommen, bestätigt die Bludenzer Jugendberatungsstelle. „Unsere jahrelange Erfahrung in Präventionsprojekten und in der Durchführung von Schulworkshops bestätigt die dringende Notwendigkeit eines physischen Gegenübers zur positiven Identitätsentwicklung und für eine gesunde Psyche der Jugendlichen“, sagt Jugendarbeiter Marco Wagner. „Wir nehmen das Leid der Jugendlichen wahr und reagieren stets mit ‚offenen Ohren‘ und unseren flexiblen Angeboten im möglichen Rahmen der Covid-Bestimmungen auf ihre Bedürfnisse“, beschreibt der engagierte Jugendarbeiter die schwierige Ist-Situation.
Mit einer verstärkten Präsenz auf den Social-Media-Kanälen und Online-Portalen, einem Ausbau der digitalen und mobilen Jugendarbeit, versucht das Team der Villa K. seinem Auftrag, die Jugendlichen in ihrer Entwicklung zu unterstützen, bestmöglich gerecht zu werden. „Dazu zählen etwa Nachhilfe und Unterstützung bei der Bewältigung des Schulstoffs, Beratungsgespräche im Freien unter dem Motto Walk and Talk im Einzelsetting oder die aufsuchende Jugendarbeit beim Skaterplatz“, zählt Wagner auf. Veranlasst durch vermehrte Anfragen von Systempartnern und Schulen und durch den allgemein spürbaren Bedarf bei den Jugendlichen, hat die Offene Jugendarbeit Bludenz zusätzlich einen digitalen Workshop unter dem Titel „Umgang mit der Krise – ein Lockdown Survival Kit“ konzipiert und bereits durchgeführt.
Kontrollierte Öffnung gefordert
„Die Offene Jugendarbeit setzt alles daran, um die jungen Menschen bestmöglich zu unterstützen und stellt fest, dass es fahrlässig ist, nicht auf die Stimme der Jugend zu hören. Deshalb plädieren wir für eine kontrollierte Öffnung der schulischen und außerschulischen Jugendarbeit seitens der Politik, im Interesse der Gesundheit junger Generationen und in weiterer Folge auch zum Wohl der gesamten Gesellschaft und ihrer zukünftigen Entwicklung“, so Wagner abschließend. VN-JS
„Es ist fahrlässig, nicht auf die Stimme der Jugendlichen zu hören.“
Marco Wagner, Offene Jugendarbeit Bludenz



