Ein wenig Normalität schnuppern

Mit den Lockerungen wurde Vorarlberg vor allem für Tiroler zum beliebten Ausflugsziel.
Schwarzach Das Leben in Vorarlberg ist deutlich attraktiver als im Ostlockdown oder im abgeschotteten Tirol. Man kann ein bisschen Normalität schnuppern kommen. Das spricht sich herum. So finden sich auf den Parkplätzen in Bregenz zahlreiche Autos mit Tiroler Kennzeichen. Ob aus Innsbruck- Umgebung, Landeck oder Reutte, die Fahrt scheint nie zu lang. „In den Seeanlagen hat man zeitweise das Gefühl, dass jeder Zweite Tiroler ist“, sagt der Bürgermeister der Landeshauptstadt, Michael Ritsch. Er hat Verständnis: „Ich kann mich noch daran erinnern, dass viele Vorarlberger in die Schweiz gefahren sind, als bei uns alles geschlossen war.“ Der Mensch habe ein Bedürfnis nach Normalität – und da gehöre für manche ein Besuch im Gastgarten eben dazu.
Ein wenig Gastro-Tourismus erkennt auch der Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann. Man höre immer wieder von Tirolern, die extra für ein Mittagessen nach Vorarlberg kommen. Probleme ortet er nicht. Wer in ein Lokal möchte, muss getestet sein. Das sei ein Vorteil, meint Landesrat Christian Gantner. „Die Wirte kontrollieren gut.“ Ähnliches hört man in Warth. Die Gastgärten seien bis in den späten Nachmittag gut besetzt: „Überrannt werden wir aber nicht“, sagt Bürgermeister Stefan Strolz. Wie immer seien Tiroler da. „50/50“, ergänzt Günter Oberhauser, Geschäftsführer der Skilifte Warth. Das sei aber auch in einer normalen Saison so.
Weniger Platz
Die Coronaregeln schränken die Kapazitäten in den Gastgärten ein. Finden in normalen Zeiten auf der Terrasse des Oberlecher Burghotels rund 200 Personen Platz, sind es aktuell 84. Immer wieder säßen Tagestouristen aus Tirol an den Tischen. Vermutlich seien 50 Prozent von dort, berichtet Betreiber Gerhard Lucian. Für Samstag und Sonntag ist das Burghotel bereits ausreserviert.
Auch Michaela Herburger vom Gasthaus Mohren in Rankweil ist zufrieden. Das Geschäft laufe gut. Am Ostersonntag kämen gewöhnlich Stammgäste, das sei auch heuer so. Tiroler seien auch schon dagewesen. Ausländische Gäste blieben wegen der Reisebeschränkungen aber aus. Das berichtet auch Denise Amann, Gastgeberin im Mizzigreen in Frastanz. Die Buchungslage bezeichnet sie als okay. Gerade über das Osterwochenende schaue es sehr gut aus. Viele hätten vor Wochen reserviert. „Die Menschen möchten einfach wieder raus“, sagt Amann. Dabei komme es durchaus vor, dass auch Gäste aus anderen Bundesländern vorbeischauen. Oft seien es Jüngere, erzählt Gastronom Marcel Lerch, der mehrere Lokale betriebt, darunter das Neptun in Bregenz, die Pizzeria Azzura in Lustenau und das Mr French in Dornbirn. „Sie kommen mit dem Zug, gehen einkehren und fahren dann wieder nach Hause.“ Die Besuche aus Salzburg und Tirol seien aber kein Massenphänomen.
Mehr Ausflugtourismus
In Tirol bestätigt die Landespolizeidirektion, dass es seit der Gastro-Öffnung in Vorarlberg allgemein etwas mehr Ausflugtourismus gebe. Im Osterverkehr habe man aber noch keine signifikante Steigerung beobachtet. Der Asfinag liegen die Verkehrszahlen erst kommende Woche vor. Bei den ÖBB wird die Auslastung des Fernverkehrs als vergleichsweise gering bezeichnet. Sie habe sich bei etwa 60 Prozent eingependelt.
In den Zügen wurde ein Brief von Landeshauptmann Markus Wallner verteilt, der alle Vorarlberg-Besucher darum bittet, einen Test zu machen. Mit dem Code OSTERN21 würden sie priorisiert. 1200 haben sich über diesen Weg zum Testen angemeldet. Vor allem die Vorarlberger Studenten wurden erwartet, 2500 von ihnen leben laut dem Verein der Vorarlberger in Wien in der Bundeshauptstadt. „Ich kenne keinen mehr, der in Wien geblieben ist“, berichtet der 20-jährige Student Andreas, der vergangene Woche heimgekehrt ist.
Viele Besucher im Kleinwalsertal
Besonders ist die Situation im Kleinwalsertal, das von den deutschen Corona-Reisebeschränkungen ausgenommen ist. „In den letzten Wochen spürten wir einen starken Druck durch Skitourengeher“, bestätigt der Mittelberger Bürgermeister Andi Haid. Gerade als Deutschland die Grenze zu Tirol abriegelte, wichen viele ins Kleinwalsertal aus. Für die Osterfeiertage erwartet Haid einen ähnlichen Zustrom. Da Camping verboten ist, geht die Gemeinde restriktiv gegen Campingversuche vor, per Leuchttafel-Anhänger wird an der Grenze gewarnt. Das Resultat: Viele campen in Grenznähe und kommen als Tagestouristen ins Kleinwalsertal. Die Polizei kontrolliert auf beiden Seiten. Gröbere Probleme gebe es aber nicht, sagt Haid: „Alle, auch die Wirte, sind sehr vorsichtig.“ Keiner wolle eine weitere Verschärfung der Maßnahmen provozieren. Und die Testpflicht sorge dafür, dass sich der Zustrom trotz allem dann doch in Grenzen halte. VN-ebi, mip, ram, rau, tw
„In den Seeanlagen hat man zeitweise das Gefühl, dass jeder Zweite Tiroler ist.“


