Ein unbefolgtes Gesetz

Nur 21 Gemeinden verfügen über eine Personalvertretung. Viele kennen Pflicht nicht.
Schwarzach Das Gesetz ist eigentlich eindeutig: In jeder Gemeinde, in der dauernd mindestens fünf Menschen beschäftigt sind, muss es eine Personalvertretung (PV) geben. Diese Pflicht besteht seit 1978, also seit über 40 Jahren. Aber nicht alle Gemeinden halten sich daran. Laut Anfragebeantwortung der Landesregierung an die Grünen gibt es derzeit in 21 von 96 Vorarlberger Kommunen eine Personalvertretung. Die Gewerkschaft kritisiert die Rechtsauslegung.
Es sei die Gewerkschaft gewesen, die das Thema aufs Tapet brachte, erläutert Younion-Vorarlberg-Vorsitzender Thomas Kelterer. Man habe 2019 angefragt, ob das Land wisse, in welchen Gemeinden eine Personalvertretung arbeitet. 2020 führte das Land eine Umfrage durch. Die grüne Landtagsabgeordnete Vahide Aydin wollte nun von Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) wissen, wann diese Umfrage veröffentlicht wird. Rüschers Antwort: Auf Veröffentlichung gebe es keinen Rechtsanspruch. Damit würden sehr kleine Gemeinden an den Pranger gestellt.
Nun veröffentlicht sie die Liste in der Anfragebeantwortung. Rüscher kann sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: „Offensichtlich hat es die Daseinsgewerkschaft Younion bisher nicht geschafft, zu allen Gemeinden, insbesondere in jene, die eine PV haben, Kontakt aufzunehmen.“ Es seien keine Beschwerden über fehlende Personalvertretungen bekannt. Man werde aber Gemeinden mit einer Dienststelle mit mehr als fünf Beschäftigten auffordern, ihrer Pflicht nachzukommen.
Dienststelle oder Gemeinde?
An diesem Punkt setzt die Kritik der Gewerkschaft ein. Im Gesetz sei nicht von Dienststellen die Rede, betont Kelterer. „Es heißt, dass ab fünf Mitarbeitern pro Gemeinde eine Personalvertretung auszuschreiben ist.“ Aydin rechnet vor: „In jeder Gemeinde gibt es einen Gemeindesekretär, eine Reinigungskraft und Kindergärten. Dass weniger als fünf Leute arbeiten, kann ich mir kaum vorstellen.“ Die Gemeinden rechtfertigen sich nicht nur mit der Zahl der Dienstnehmer, wie aus der Anfragebeantwortung hervorgeht.
In der Umfrage des Landes sagen manche, ihre Angestellten hätten kein Interesse, andere sehen keinen Bedarf. Einige verweisen auf den direkten Weg zum Bürgermeister und auf fehlende Bereitschaft der Dienstnehmer. Eine der Gemeinden ohne Personalvertretung ist Fraxern mit dem Landtagsabgeordneten Steve Mayr (ÖVP) als Bürgermeister. Er erklärt: „Unsere Bediensteten sind bei der Gewerkschaft, die Gemeinde übernimmt die Mitgliedsbeiträge.“ Die Kommunen seien sehr sozial. „Man findet immer eine Lösung.“ Dass es gesetzlich vorgeschrieben ist, war ihm nicht bewusst.
Damit ist er nicht allein. Mehrere Gemeinden gaben an, dass ihnen diese Verpflichtung nicht bekannt sei. Aydin wundert sich: „Es kann doch nicht sein, dass Gemeinden Gesetze nicht kennen, die sie betreffen?“ Kelterer sieht eher ein Problem darin, dass manche von fehlender Notwendigkeit sprechen. „Das kann man sich nicht aussuchen!“ Wer diese Begründungen schrieb, ist nicht überall klar. Der Harder Bürgermeister Martin Staudinger wundert sich zum Beispiel, weshalb jemand schrieb, Hard sehe keine Notwendigkeit für eine Personalvertretung. Staudinger betont: „Wir haben doch schon seit vielen Jahren eine.“

Personalvertreter
21 Gemeinden gaben an, über eine Personalvertretung zu verfügen. Dass diese Zahl korrekt ist, bezweifelt die Gewerkschaft mit Blick auf Hard. Die komplette Liste findet sich auf VN.at.
69 Gemeinden begründeten das Fehlen einer Personalvertretung unterschiedlich, drei gar nicht. Von zwei Gemeinden gab es keine Rückmeldung.
5 Angestellte muss eine Gemeinde haben, damit die Pflicht greift. Das Gesetz wurde 1978 beschlossen.