Nachbarn durchkreuzen Dornbirner Pläne

Vorarlberg / 26.08.2021 • 17:47 Uhr
Josef Böhler auf dem Balkon, im Hintergrund die besagte Wiese.
Josef Böhler auf dem Balkon, im Hintergrund die besagte Wiese.

Verfassungsgerichtshof kippt Betriebsgebiet-Widmung in Dornbirn Wallenmahd.

Dornbirn Das Rheintal wächst zusammen, Grundstücke sind begehrt. Das lässt nicht nur die Preise explodieren, auch Konflikte sind programmiert. Siedlungsränder und Gewerbegebiete nähern sich an. In Dornbirn landete ein solcher Fall vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH). Der gibt nun den Anrainern recht: Die Widmung des Betriebsgrundstückes wurde gestrichen. Die Stadt Dornbirn möchte wieder die gleiche Widmung aussprechen.

Josef Böhler steht auf dem Balkon seines Hauses im Wallenmahd. Seit 1984 wohnt er hier. „Damals stand rundum noch gar nichts.“ Nun blickt er auf andere Wohnhäuser, auf große Wohnanlagen und ein Werk der Firma Blum. In den vergangenen Jahren entstand ein großes Gewerbegebiet, das derzeit an die Autobahn angeschlossen wird. Ein kleiner Graben und ein Fahrradweg trennen Böhlers Holzhaus von einem weiteren Grundstück mit der Widmung „Betriebsgebiet II“. Die Firma Schluge möchte dort ihr neues Logistik-Zentrum samt Lagerraum für Wurst- und Fleischwaren sowie eine Betriebstankstelle errichten.

Volksanwalt wird aktiv

Eine über zwölf Meter hohe Schallschutzmauer soll die Nachbarn vor dem Lärm schützen. Denn geplant ist ein 24-Stunden-Betrieb, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Schluge rechnet mit 450 Lkw-Fahrten und 270 Pkw-Fahrten täglich. „Wir haben im Mai 2018 erstmals durch die Bauverhandlung davon erfahren.“, erinnert sich Böhler. Die Nachbarn organisieren sich und holen auch jene ins Boot, die in Wohnanlagen gegenüber erst einziehen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt wussten diese nichts von den Plänen, berichtet Böhler. Als ihre Bedenken ungehört verhallen, schalten sie den Landesvolksanwalt ein. Er prüft und stellt Anfang 2019 in einem Schreiben an die Stadt fest: „Bei der Widmung sind vermeidbare gravierende Fehler geschehen.“ Er reicht die Sache an den VfGH weiter.

Laut Raumplanungsgesetz müssen Flächen aufeinander abgestimmt werden, damit sich die gegenseitige Belästigung in Grenzen hält. Normalerweise darf eine Betriebsgebietswidmung nicht direkt an ein Wohngebiet grenzen. Ob ein Trennstreifen reicht und wie breit der sein muss, muss im Einzelfall sehr genau geprüft werden.

Während der Verfassungsgerichtshof diese Frage beleuchtet, läuft das Bauverfahren weiter. Die Bezirkshauptmannschaft gibt irgendwann grünes Licht. Josef Böhler befürchtet, dass es sich nicht mehr ausgeht. „Das Höchstgericht hatte mit Corona zu tun, weshalb sich ein Spruch verzögerte. Wir wussten: Ist der Baubescheid rechtskräftig, gibt es kein Zurück mehr.“ Die Anrainer versuchen alles, um den Prozess zu verzögern. „Die Stadt hat einfach weitergemacht.“ Auch Bedenken zum Luftgutachten werden zurückgewiesen. Eine Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht über ein medizinisches Gutachten bringt heuer weitere Wochen. Ende Juni trudelt das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs ein. Er gibt dem Landesvolksanwalt recht: Die Stadt Dornbirn habe sich zu wenig mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Grünstreifen als Trennung zu einem BBII-Grundstück ausreicht.

Erneute Widmung als Ziel

Bürgermeisterin Andrea Kaufmann erklärt auf VN-Anfrage, dass die Stadt die Aufhebung der Widmung natürlich zur Kenntnis nehme. Die Stadt prüfe nun gemeinsam mit der Raumplanungsabteilung des Landes, wie die Flächenwidmung saniert werden kann. Die Widmung selbst sei ja nicht infrage gestellt worden, sondern nur die vertiefende Prüfung. „Derzeit erfolgt genau jene vertiefende Überprüfung möglicher Auswirkungen einer BBII-Widmung auf die Nachbarschaft. Sobald diese vorliegt, wird die Widmung erneut den politischen Gremien vorgelegt.“ Man möchte wieder auf BBII widmen. „Die Erteilung der Baubewilligung kann erst danach erfolgen.“

Böhler wartet, wie es weitergeht. „Ich hoffe, die Stadt Dornbirn hat aus ihren Fehlern gelernt.“ Denn: „Zur Not werden wir wieder dagegen vorgehen.“

Die Nachbarn (oben und rechts) haben die Widmung dieses Grundstücks erfolgreich bekämpft. VN/Sams
Die Nachbarn (oben und rechts) haben die Widmung dieses Grundstücks erfolgreich bekämpft. VN/Sams