SPÖ-Basis liest der Spitze die Leviten

Sprickler-Falschlunger ist neue SPÖ-Chefin. Zuvor hatte die Basis einiges zu sagen.
Hohenems Gabriele Sprickler-Falschlunger reißt die Hände in die Höhe. Die Delegierten klatschen und jubeln. 71 Prozent! Die 65-jährige Dornbirnerin ist zur neuen Vorsitzenden der Vorarlberger SPÖ gewählt worden. So friedlich wie diese Szene ist der SP-Landesparteitag am Samstag in Hohenems aber bei Weitem nicht. Die Parteibasis liest ihrer Spitze ordentlich die Leviten.
Vier Stunden zuvor. Menschen drängen in den Löwensaal. 3G-Kontrolle, man begrüßt sich. „Freundschaft“. Gabriele Sprickler-Falschlunger kommt den Gästen entgegen. Eine Frau blickt sie an: „Vielen Dank Gabi, dass du antrittst.“ Noch ist es ruhig. Es wird dauern, bis der große rosarote Elefant aufbricht.
Der rosarote Elefant ist der Streit um den neuen SPÖ-Vorsitz. Martin Staudinger schlug einst Thomas Hopfner vor, eine Gruppe um Michael Ritsch machte dagegen mobil. Die Sache gipfelte in einem abgehörten Telefonat samt Streit über die Medien. Anfang Woche holte die SPÖ deshalb Sprickler-Falschlunger zurück aus der Politpension. Sie soll das tun, was sie schon einmal gemacht hat: Die Partei für zwei Jahre übernehmen und einen geeigneten Spitzenkandidaten suchen.
Die Begrüßungsworte an diesem Tag obliegen dem Hohenemser SPÖ-Chef Günter Zechner: „Ich werde mich bewusst nicht über die vergangenen Wochen und Monate äußern.“ Nach der Videobotschaft von der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner blickt Parteichef Martin Staudinger noch einmal zurück und zählt Wahlerfolge auf. Und: Die SPD habe gezeigt, dass Geschlossenheit zum Erfolg führt. Dann ist Thomas Hopfner am Wort, dessen Bericht als Klubobmann zu einer ersten Wahlrede wird. Der rosarote Elefant wird sichtbar. Und als Gebhard Greber das Rednerpult betritt, platzt er auf. Wie eine Piñata, auf die ein Stock mit der Kraft der aufgestauten Wut eingedroschen wird. Die Basis ist am Wort. Greber legt los. „Ich bin zornig, ich bin entsetzt, wie in den letzten Wochen führende Vertreter der Landes-SPÖ auf offener Bühne den Streit ausgetragen haben auf Kosten der Partei, auf Kosten von uns allen. Ich spreche für die große Mehrheit unserer Basis und unserer Sympathisanten. Wir sind zornig!“ Er hofft, dass vom Parteitag ein Signal ausgeht. Lauter Applaus von allen Seiten. Auch Ritsch und Hopfner klatschen. Weitere Parteimitglieder betreten die Bühne. Severine Engel aus Dornbirn: „Ich bin wütend und fühle mich benutzt.“
Irena Lang, wieder Dornbirn: 56.000 Menschen an der Armutsgrenze, 11.000 ohne Job, 10.000 in der Mindestsicherung. Und was tut die Partei? „Wir müssen das traurige Schauspiel der Eitelkeiten ertragen.“ Deshalb gehe ihre Stimme an Gabi Sprickler-Falschlunger. Tosender Applaus inklusive Bravo-Rufe.
Nun geht es ans Eingemachte. Kandidat Nummer 1, Robert Bedjanic, zieht seine Kandidatur zurück. Nummer 2, Thomas Hopfner, wirbt: „Wir können die Zukunft gestalten. Gehen wir gemeinsam diesen Weg.“ Kandidatin Nummer 3 ist Angelika Mayr aus Gaißau. Ihre flammende Rede wird mehrfach durch Applaus unterbrochen. Kandidat 4 ist Alp Sanlialp, Vorsitzender der Jungen Generation. Auch er findet kritische Worte, bevor er seine Kandidatur zurückzieht. Er empfiehlt, Sprickler-Falschlunger zu wählen. Sie betritt nach ihm die Bühne. „Falls ihr Streitereien habt, bitte tragt die persönlich aus. Bitte nicht über die Medien!“, appelliert sie. „Ich sage ein Wort, das meine ich ganz ernst: Freundschaft.“ Kräftiger Applaus folgt. 13.20 Uhr, nun wird gewählt. Nach einer halben Stunde ist klar: Die neue Parteichefin heißt Gabriele Sprickler-Falschlunger. Sie erhält 115 von 162 Stimmen, also 71 Prozent. Thomas Hopfner holt 33 Stimmen, Angelika Mayr 14 Stimmen. Hopfner nimmt es sportlich: „Eine echte Wahl war im Interesse aller und ist ein Signal, wie wir als Partei damit umgehen.“ Zu diesem Zeitpunkt weiß er noch nicht, dass er später auch die Wahl zu einem der fünf Stellvertreter nicht schafft.
Für Sprickler-Falschlunger steht fest, dass dieser Parteitag nun der Schlussstrich unter dem parteiinternen Streit ist. Der rosarote Elefant scheint erfolgreich vertrieben. Vorerst.

Abstimmung
Wahl zum SPÖ Landesparteivorsitz: Gabriele Sprickler-Falschlunger 115 Stimmen (71 Prozent); Thomas Hopfner 33 Stimmen; Angelika Mayr 14 Stimmen.
Stellvertretende Vorsitzende: Michelle Feigl (93 Prozent), Manuela Auer (91 Prozent), Reinhold Einwallner (82 Prozent), Angelika Mayr (73 Prozent), Robert Bedjanic (68 Prozent)