Beim Schlachthof fiel der letzte Vorhang

Vorarlberg / 20.12.2021 • 19:20 Uhr
Michael Hofer (l.) und Josef Böckle sind auf die Politik nicht gut zu sprechen. VN/Paulitsch
Michael Hofer (l.) und Josef Böckle sind auf die Politik nicht gut zu sprechen. VN/Paulitsch

Zum letzten Mal nach vielen Jahrzehnten wurden am Standort in der Messestadt Tiere geschlachtet.

Dornbirn „Es ist ein Trauerspiel“, sagt der Lustenauer Landwirt Michael Hofer, nachdem er zum letzten Mal sechs Rinder am Schlachthof in Dornbirn abgeliefert hat und sich Zeit zum Nachdenken gibt. Die Schuldigen an der Schließung des Schlachthofs hat der Bauer schnell gefunden. „Die Landesregierung hat versagt. Wie soll das jetzt nur weitergehen? Wie sollen die drei Metzgereien, die jetzt in die Bresche springen sollen, alle Schlachtaufträge erledigen können? Die haben doch keine AMA-Zertifizierung.“

Wohin mit 6000 Schlachtungen?

Landwirte-Kollege Josef Böckle aus Rankweil nickt. Auch er ist zum letzten Mal an jenem Ort, den er so oft aufgesucht hat. Zwei Stiere hat er angeliefert. „Die Politik ist schuld“, schnaubt der 70-Jährige. „Sie hatten genug Zeit um eine Lösung für einen zentralen Schlachthof als Nachfolgebetrieb für Dornbirn zu finden. Nichts haben sie zustande gebracht.“

Weder Böckle noch Hofer können sich nicht vorstellen, wie die Metzgereien Natter, Gstach und Walser die nun frei werdenden 4000 Schlachtungen jährlich bewältigen sollen. „Es sind 6000“, korrigiert der zur Gruppe dazugestoßene Obmann der Ländle-Viehvermarktung, Gerhard Frohauf.

Die erst kürzlich von der Landesregierung und der Landwirtschaftskammer auch zum Zwecke einer Lösung der Schlachtproblematik gegründete Vorarlberger Fleisch GmbH erwies sich vorläufig als stumpfe Waffe. Ein zentraler Schlachthof scheint nicht in Sicht.

Böckle und Hofer hegen ihre Zweifel daran, dass die ins Auge gefassten Alternativen tatsächlich funktionieren. Gefragt, wo er denn jetzt sein Vieh hinbringen wird, zuckt Böckle die Schultern. „Womöglich müssen wir unsere Tiere jetzt nach Salzburg schaffen. Das wäre eine schöne Visitenkarte für das Tierschutzland Vorarlberg“, meint Hofer. Auch Matthias Hepp (42), der zum letzten Mal als Vertreter der österreichischen Fleischkontrolle im Schlachthof Dornbirn tätig ist, vertritt eine klare Meinung. „Die Politik hat geschlafen“, meint er und ist sich damit nicht nur mit Hofer und Böckle einig, sondern auch mit Tierarzt Heinrich Streißlberger, der sein Fahrzeug ebenfalls zum letzten Mal auf den Schlachthofparkplatz in der Schlachthofgasse lenkte.

Moosbrugger kontert

Diesen Vorwurf lässt Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger (55) nicht auf sich sitzen. „Für die Ländle-Viehvermarktung und Tann stehen die Metzgereien Natter und Gstach ab sofort zur Verfügung. Bei Walser sollen bald die Kühlkapazitäten erweitert werden. Dann ist auch dieser Betrieb voll mit an Bord.“

Man habe lange um Lösungen gerungen, zuletzt sei die Metzgerei Walser als zentraler Schlachthof im Land ins Auge gefasst worden. „Wir mussten dieses Projekt dann aber begraben, weil das Wettbewerbsrecht keine Landesförderung zugelassen hätte“, erklärt Moosbrugger die Problematik.

Der Schlachthof Dornbirn war für viele Jahrzehnte die zentrale Schlachtstelle im Land.
Der Schlachthof Dornbirn war für viele Jahrzehnte die zentrale Schlachtstelle im Land.