Krähen tyrannisieren Vorarlberger Bauern und Tiere

Betroffene fühlen sich im Stich gelassen. “So schlimm wie heuer war es noch nie”, sagt Landwirt Stefan Maissen.
Rankweil Es sind Szenen wie aus einem Horrorfilm: Raben, die ganze Felder leerpicken, Tiere verunstalten oder töten, Obsternten zunichtemachen und Bäume durch den Kot eingehen lassen.

Stefan Maissen bewirtschaftet mit seiner Familie den Gutshof Maldina in Rankweil. Das Problem mit den schwarzen Vögeln ist in der Gemeinde schon länger bekannt. Mittlerweile sind die Schäden, die sie anrichten, allerdings so groß, dass es der Landwirt nicht mehr hinnehmen kann. „Ich bin jetzt 30 Jahre auf dem Betrieb, aber das habe ich noch nie erlebt“, sagt er. Auf dem Hof im Weitried werden auf zwölf Hektar Futtermais angebaut, auf acht Hektar mussten die Maissens heuer mindestens einmal nachsäen. „Sämtliche Vergrämungsmaßnahmen, die wir gesetzt haben, waren am zweiten oder dritten Tag wirkungslos“, stellt Stefan Maissen ernüchtert fest.


Kitze ohne Augen
Die Krähen haben es nicht nur auf die Feldfrüchte abgesehen. Rudolf Brändle, Jagdpächter im Weitried, hat viele Zerstörungen dokumentiert. Die Fotos zeigen Fraßschäden an Maiskolben, angepickte Kirschen, zerfetzte Siloballen und zerlöcherten Golfplatzrasen. „Ich habe auch schon erlebt, dass sie bei Rehkitzen die Lichter (Anm.: Augen) rausgepickt haben und dass sie sich regelmäßig Junghasen holen. Von der Schafzucht hört man, dass sie auch Lämmern die Lichter rausnehmen“, berichtet Rudolf Brändle. Der Jagdpächter würde gerne mit Hochdruck gegen das Krähenproblem vorgehen, doch ihm sind praktisch die Hände gebunden.



Zum einen ist die Verordnung, die den Abschuss der Krähen ermöglicht, ausgelaufen. Die Landwirtschaftskammer hat Anfang Mai um Verlängerung angesucht. Für Maissen viel zu spät. „Die Behörde hat gesagt, dass es mindestens zwei Monate geht, bis sie das bearbeiten können. Bis dahin muss man keinen Mais mehr säen“, ergänzt er. Rudolf Brändle konnte zwar unlängst einen Abschussauftrag erzielen. Bis Ende Juni ist ihm demnach gestattet 30 Tiere zu erlegen. „Im Verhältnis zum Ausmaß des Problems ist das nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein“, merkt der Landwirt an. Abgesehen davon sind auch viele erfolgreich erprobte Jagdmethoden wie Krähenfallen nicht mehr erlaubt. Eine weitere Schwierigkeit: In Vorarlberg dürfen, wenn überhaupt, nur die Rabenkrähen bejagt werden. Die deutlich größeren und gefräßigeren Kolkraben nicht. Anders in der Schweiz. „Das Problem ist, wenn die Kolkraben merken, dass es drüben zu heiß wird, dann kommen sie zu uns. Darum sind das oft Riesenschwärme“, erläutert der Jagdpächter.
Enormer Schaden
Der Schaden bei den Maissens geht in die Tausende. Allein das Saatgut kostet pro Hektar 250 Euro. Hinzu kommen die Schäden durch die von den Krähen gemachten Löchern in den Fahrsilos. Die Versicherung zahlt lediglich einen Pauschalbetrag. „Der Mais ist speziell für uns Bauern im Rheintal ein Grundnahrungsmitttel für das Vieh. Wenn man das Ganze nicht in den Griff bekommt, kann es zu einem existenziellen Problem werden“, verdeutlicht Stefan Maissen. So wie den Pächtern vom Gutshof Maldina geht es etlichen Landwirten. Rudolf Brändle schätzt, dass nur in seinem Revier 400 und zeitenweise noch mehr der Vögel ihr Unwesen treiben. „Es wäre ganz toll, wenn die Leute, die in den Behörden sitzen, auch einmal einen Lokalaugeschein machen und das Ausmaß begutachten“, merkt der erfahrene Jäger an.

