Wie Jürgen Hartmann zum Korbflechter wurde

Der Oberländer hat als Korbflechter nahezu eine Alleinstellung im Land.
SCHLINS Jürgen Hartmann ist ein ebenso agiler wie aufgeschlossener Mensch. Stillstand gibt es für ihn nicht: „Ich arbeite immer an einem Projekt und habe dabei schon das nächste im Kopf.“ Ideen und Vorhaben werden von ihm umgesetzt, manche Verwirklichung dauert mitunter etwas länger.

Wie etwa die Errichtung einer kleinen Werkstätte für seine Flechtarbeiten: „Ich hatte immer schon die Vision dazu. Vor sechs Jahren habe ich das Projekt dann umgesetzt. Seither ist das Flechten auch nicht mehr nur ein Hobby, sondern ich darf mich mit Fug und Recht Korbflechter nennen.“

Die kleine Werkstätte befindet sich im Garten des Wohnhauses der Familie Hartmann in Schlins. Sie wurde von ihm selber errichtet und fügt sich harmonisch ins Gesamtbild des Grundstücks ein, denn gleich daneben steht ein ebenfalls selber gebautes Gewächshaus. Seine Frau Andrea ist Floristin mit einem eigenen Geschäft in Feldkirch. Das Ehepaar ergänzt sich prima, was sich auch in der Ausgestaltung ihres vor 16 Jahren gebauten Wohnhauses zeigt. Die Inneneinrichtung hat der Hausherr selber getischlert. „Andrea ist sozusagen für die Software zuständig und ich für die Hardware“, meint er humorvoll. Die Begeisterung fürs Flechten ist schon am originellen Gartenzaun zu sehen, der aus kreuzweise geflochtenen Weidenruten besteht.

Wenn sich Jürgen Hartmann für etwas interessiert – ob beruflich oder privat – dann setzt er sich intensiv damit auseinander. Das Flechten hat ihn schon im jungen Erwachsenenalter interessiert: „In Vorarlberg war niemand finden, der dieses Handwerk beherrscht. Ich bekam dann einen Tipp, dem ich gleich nachgegangen bin. Den ersten Besuch bei einem alten Flechter in Sennwald bei Rüthi in der Schweiz werde ich niemals vergessen. Der damals schon alte Mann war schwerhörig und hat während der Arbeit in seiner kleinen Werkstätte dicke Zigarren geraucht. Fünf Mal war Jürgen Hartmann noch bei dem Schweizer Flechter. „Nach einer zweitägigen ‚Lehre‘ hat er mir dann gesagt, dass es jetzt genug sei. Ich könne das.“

Das somit erlernte Hobby des Flechtens begleitet ihn seither: „Es gab immer wieder Pausen, weil die Ausübung eben auch von den Außenbedingungen abhängig ist. Aber ganz aufgegeben habe ich das Flechten nie.“ Mit dem Bau der Werkstätte wurde vieles möglich: „Ich kann völlig unabhängig von den jeweiligen Wetterbedingungen arbeiten.“ Beinahe jeden Abend verbringt Jürgen Hartmann dort. „Ich habe einen Beruf, der sehr kopflastig ist. Das Flechten bildet für mich einen wertvollen Ausgleich“, bekräftigt er.

Mittlerweile könne er Weidenkörbe in jeder gewünschten Ausstattung herstellen. Inzwischen kam als Ergänzung das so genannte Wiener Geflecht hin. Mittels dieser alten Handwerkskunst werden sehr alte Stühle bespannt. Hierfür hat er heuer wiederum einen speziellen Kurs in der Schweiz besucht.

Jürgen Hartmann ist allerdings nicht nur als Korbflechter vielseitig und wandelbar, sondern auch in seinem Beruf. Als Verwaltungsexperte für Qualitäts- und Personalentwicklung bei der Kinder- und Jugendhilfe des Landes ist er durch die Organisation von Weiterbildungen, Lehrgängen und Fachtagungen in diesem Kontext sehr gefordert: „Es reicht nicht, Allgemeinplätze zu formulieren. Kinderschutz muss gelebt werden.“ Auch hierin ist Jürgen Hartmann völlig authentisch. BI
ZUR PERSON
Jürgen Hartmann
Geboren 24. August 1963
Familie Verheiratet mit Andrea Löschner, vier Kinder
Wohnort Schlins
Beruflicher Werdegang Maschinentechniker, Sozialpädagoge, Familientherapeut und Mediator, Verwaltungsexperte zum Thema Qualitäts- und Personalentwicklung bei der Kinder- und Jugendhilfe des Landes
Hobbys Radfahren, Wandern, Literatur, Handwerk (Korbflechten, Drechseln, Tischlerarbeiten), Aktivität in diversen Vereinen, Engagement in der Pfarre
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