Wie Vorarlberg wächst

Vorarlberg / 10.01.2023 • 05:15 Uhr
<p class="caption">Seit den 1990er-Jahren ist es zu drei größeren Schüben gekommen, die auf Zuwanderung infolge von Kriegen zurückzuführen sind. <span class="copyright">RTS</span></p>

Seit den 1990er-Jahren ist es zu drei größeren Schüben gekommen, die auf Zuwanderung infolge von Kriegen zurückzuführen sind. RTS

Bevölkerung: Prognose geht von einer halben Million gegen Ende des Jahrhunderts aus.

SCHWARZACH Statistik Austria hat eine neue Bevölkerungsprognose erstellt. Gegen Ende des Jahrhunderts könnten demnach mehr als eine halbe Million Menschen in Vorarlberg leben. Das wären dann fünf Mal mehr als bei der Volkszählung 1869. Die Prognose ist jedoch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.

Wie Vorarlberg wächst

Unveränderbar ist die bisherige Entwicklung. Mitte des vergangenen Jahrhunderts setzte ein rasantes Wachstum ein. Bei der Volkszählung 1951 kamen die Statistiker auf 193.657 Männer, Frauen und Kinder im Land. Seit dem vergangenen Jahr sind es mehr als 400.000. Das entspricht einer Verdopplung. Tendenz derzeit: weiter stark steigend. Ausschlaggebend dafür ist Zuwanderung, die besonders durch Geflüchtete aus der Ukraine gebildet wird, wie Egon Rücker, Leiter der Landesstatistik, bestätigt.

Zu Beginn der Zweiten Republik war noch etwas anderes bestimmend: Geburten. Kinderreiche Familien waren die Regel. Mehr und mehr wurde jedoch Migration zum Faktor. Ihr Verlauf bildet die Landesgeschichte ab: Eine boomende Textilindustrie war auf Zuwanderer angewiesen. In den 1950er- und 1960er- Jahren kamen sie eher aus Kärnten und der Steiermark, dann bis Anfang der 1970er-Jahre aus der Türkei und dem damaligen Jugoslawien. 1972 gab es den größten Bevölkerungszuwachs, so Rücker. Zusammengesetzt habe er sich aus Zuwanderung (plus 4000) und Geburten (plus 3000) bzw. durch entsprechende Überschüsse gegenüber Abwanderung und Sterbefällen.

Auch Zeiten der Abwanderung

Ja, Abwanderung gehört auch zur Entwicklung. Als in den 1970er-Jahren die wirtschaftlichen Verhältnisse weniger rosig wurden, überwog sie laut Rücker sogar: „Bis Mitte der 1980er-Jahre ist Vorarlberg vorübergehend wieder nur durch Geburten gewachsen.“ Unterm Strich fiel das Bevölkerungsplus jedoch extrem mager aus.

Egon Rücker: „Bis Mitte der 1980er-Jahre ist Vorarlberg vorübergehend nur durch Geburten gewachsen.“
Egon Rücker: „Bis Mitte der 1980er-Jahre ist Vorarlberg vorübergehend nur durch Geburten gewachsen.“

Seit den 1990er-Jahren ist es wiederum zu drei größeren Schüben gekommen, die allesamt auf Zuwanderung infolge von Kriegen zurückzuführen sind. Zunächst aus dem ehemaligen Jugoslawien, dann aus Syrien, Afghanistan und dem Irak und gegenwärtig aus der Ukraine. Geburten haben immer weniger Einfluss auf das Wachstum: Kinderreiche Familien sind die Ausnahme geworden, die Bevölkerung altert eher und es gibt mehr und mehr Sterbefälle. In Zukunft dürfte Zuwanderung daher maßgebend bleiben.

Tausende Weltkriegsopfer

Doch zurück zur Geschichte: Während der Weltkriege gab es keine Volkszählungen. Es ist aber offensichtlich, dass es hier zu Verwerfungen kam. 1923 lebten 139.979 Menschen in Vorarlberg. Das waren um mehr als 5000 weniger als 1910. Im Ersten Weltkrieg, der zwischen diesen Jahren stattfand, gab es laut Landeschronik rund 5000 Gefallene aus dem Land. Zusätzlich raffte die Spanische Grippe mehrere Hundert dahin.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der NS-Diktatur lebten hingegen deutlich mehr Menschen in Vorarlberg also davor. Das überrascht. Rund 7800 Landsleute kehrten laut Landeschronik nicht aus dem Krieg zurück. Zudem seien allein über 800 Opfer von Verfolgung und Widerstand namentlich bekannt. Hinter den nackten Bevölkerungszahlen stecken unter anderem aber auch um die 11.000 Menschen, die infolge des Hitler-Mussolini-Abkommens überwiegend aus Südtirol nach Vorarlberg kamen und hier eine neue Heimat fanden.