Die Idee eines TÜV für Tierhalter

Vorarlberg / 14.04.2023 • 21:32 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Patsch sieht es als fragwürdig, warum es so lange dauerte.VN
Patsch sieht es als fragwürdig, warum es so lange dauerte.VN

Die vernachlässigten Tiere zeigen die Mängel im System auf. Es gibt aber Vorschläge, was sich ändern muss.

GÖTZIS Seit vergangenem Sommer war der landwirtschaftliche Betrieb im Bezirk Feldkirch auffällig. Nach der Veröffentlichung schockierender Bilder durch den Verein gegen Tierfabriken wurden die vernachlässigten zehn Rinder abgenommen.

Vonseiten der Behörden verweist man auf die klaren Vorgaben. Der Hof hat die Mängel bisher meist wie vorgeschrieben behoben, grundsätzlich ging man daher von einer Befähigung zur Tierhaltung aus. Die vom VGT veröffentlichten Bilder machten die Abnahme der Tiere jedoch notwendig. Während dies bei privaten Tierhaltern durchaus einmal passieren kann, ist es in der Landwirtschaft sonst kaum notwendig, betont die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch.

„Fragwürdig“

„Dass es die Fotos des VGT brauchte, ist mehr als nur traurig, es ist an sich eine Blamage“, klagt der frühere Amtstierarzt und Landesveterinär Erik Schmid. Der Fachtierarzt für Tierhaltung und Tierschutz räumt aber ein, dass die Amtstierärzte hier bergauf kämpfen: „Es ist wahnsinnig schwierig, bei landwirtschaftlichen Tierhaltungen konsequent durchzugreifen.“ Dies fängt schon damit an, dass Tierschutz und Landwirtschaft sich den politisch Verantwortlichen teilen. Und auch Tierärzte würden sich bei schwarzen Schafen mit Anzeigen ihrer eigenen Kundschaft wohl eher zurückhalten, warnt der Fachtierarzt. Doch Schmid betont auch, wie schwierig es sei, Tierhalteverbote durchzubringen. „Dies ist nur bei besonders schweren und wiederholten Verstößen möglich“, warnt er. Ein Urteil wegen Tierquälerei gibt es nur, wenn man Vorsatz und Absicht nachweisen kann. Und auch amtliche Haltungsverbote gibt es erst nach wiederholten schwerwiegenden Verstößen gegen die Bestimmungen. Auch sogenannte Falltiere, also verstorbene Nutztiere, werden bislang nicht auf ihre Todesursache untersucht. Und auf Tierwohl spezialisierte Rechtsanwälte sind im deutschsprachigen Raum noch eine Rarität.

Eine dieser raren Tierrechtsjuristen ist die in der Schweiz tätige Vorarlbergerin Patricia Patsch. „Solche Missstände gibt es nicht plötzlich von heute auf morgen“, ist sie entsetzt. Sie geht davon aus, dass sich die Missstände seit Jahren aufbauten. „Dass es so weit kommen konnte und erst durch den öffentlichen Druck aufgrund der Bilder etwas passiert, ist sehr fraglich“, sieht sie gegenüber den VN ebenfalls gravierende Mängel im System.

„Wir müssen ein System finden, um überforderte Tierhalter aus dem Verkehr zu ziehen“, betont der Fachtierarzt. Eine einfache Lösung wäre aus Schmids Sicht ein „Tierschutz-TÜV“: Denn jeder, der mit Tieren Geld verdienen will, braucht eine Bewilligung – außer Landwirte. „Dabei sind sie das Paradebeispiel gewerblicher Tierhaltung“, betont der Fachtierarzt.

Beweislastumkehr

Der deutsche Tierschutzminister Cem Özdemir (Grüne) habe per Gutachten denselben Vorschlag erhalten: Befristete Bewilligungen der gewerblichen Tierhaltung auch für die Landwirtschaft. „Dies würde eine Beweislastumkehr mit sich bringen“, betont Schmid. Nicht die Behörde müsse die Unfähigkeit zur Tierhaltung nachweisen, sondern der gewerbliche Tierhalter seine Eignung. Und Bewilligungen können präventiv entzogen werden, bevor das Tier zu Schaden kommt. Eine Idee, der auch Patsch viel abgewinnen könnte. VN-rau

„Mit dem Auto muss ich auch zum TÜV. Das wäre auch für gewerbliche Tierhalter denkbar.“

Die Tiere haben einen neuen Eigentümer, doch bis zur Abnahme dauerte es. VGT
Die Tiere haben einen neuen Eigentümer, doch bis zur Abnahme dauerte es. VGT
Die Idee eines TÜV für Tierhalter

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