Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Wohnen

Vorarlberg / 27.04.2023 • 18:00 Uhr

Man musste nicht erst auf Inflation und Energiekrise warten, um zu wissen, dass Wohnen DAS Thema ist, von dem die Menschen in den Ländern von der jeweiligen Regierung Lösungen erwarten. Zahlreiche öffentlich zugängliche Meinungsumfragen haben dies in der jüngeren Vergangenheit bestätigt.
Trotzdem scheinen viele überrascht zu sein, dass mit dem zentralen Wahlkampfthema „Wohnen“ die KPÖ bei den Landtagswahlen in der Stadt Salzburg mit knappem Rückstand auf die ÖVP zweitstärkste Kraft geworden ist. Landesweit kommt sie auf fast 12 % der Stimmen. Das Erfolgsrezept ist einfach: Ein Thema, das für viele Menschen existenziell ist und ein sympathischer Kandidat, dem man glaubt, was er sagt. Da ist es auch völlig egal, dass sich seine Partei nicht einmal bemüht, in ihrer Bezeichnung von einer Ideologie Abstand zu nehmen, die mindestens so viele Tote zu verantworten hat wie der Nationalsozialismus. Einmal mehr zeigt sich, dass sich die Wähler:innen weniger für die Geschichte einer Partei als für die Gegenwart ihrer eigenen Probleme interessieren und dafür, ob jemand glaubwürdig verspricht, sich um Abhilfe zu bemühen.

„Eine bekannte Forderung ist beispielsweise, leerstehende Wohnungen mit einer sogenannten Leerstandsabgabe zu besteuern.“

Auch in Vorarlberg wird bei den Landtagswahlen nächstes Jahr „Wohnen“ voraussichtlich im Mittelpunkt stehen. Die Menschen erwarten, dass die Landespolitik echte Lösungen auf den Tisch legt. Eine bekannte Forderung ist beispielsweise, leerstehende Wohnungen mit einer sogenannten Leerstandsabgabe zu besteuern. Ausgerechnet in Salzburg ist den Gemeinden durch Landesgesetz ermöglicht worden, eine solche Abgabe einzuführen. Bisher haben sich jedoch nur wenige Gemeinden dazu entschieden, weil die Erhebung, ob eine Wohnung leer steht oder nicht, aufwändiger Ermittlungen zum Privatleben der Bürger:innen bedarf und der Ertrag bescheiden ist. Der Grund dafür ist, dass die Leerstandsabgabe nicht in Bundeskompetenzen eingreifen darf. Das ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Fall, wenn sie tatsächlich so hoch ist, dass sie Betroffene dazu zwingt, die Wohnung zu vermieten oder gar zu verkaufen. Mit anderen Worten: Auf Basis der bestehenden Rechtslage kann das Land die Eigentümer:innen höchstens ärgern, nicht aber dazu bewegen, die Wohnung auf den Markt zu bringen.
Die Menschen interessiert nicht, warum etwas nicht funktioniert. Sie erwarten Lösungen. Man kann daher gespannt sein, was sich die Landespolitik in Vorarlberg einfallen lässt. Eine Leerstandsabgabe wird es, solange der Bund nicht bereit ist, die Landeskompetenzen zu erweitern, eher nicht sein.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.