Darum ist diese Vogelgrippe-Welle besonders

Vorarlberg / 05.05.2023 • 14:43 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Darum ist diese Vogelgrippe-Welle besonders
Die Lachmöwen haben derzeit am Bodensee mit dem Virus zu kämpfen, weiß Walter Niederer vom Naturschutzverein. Wikicommons, VN

180 tote Wildvögel sorgen dafür, dass in den Gemeinden entlang des Naturschutzgebiets Rheindelta Vogelgrippealarm gilt. Noch ist der Virus aber lokal stark konzentriert.

Von Phillip Plesch und Matthias Rauch

Hard Es geht wieder los: Vogelgrippe-Alarm am Bodenseeufer. Eigentlich war vor zwei Wochen das Schlimmste schon geschafft, die Stallpflicht für Geflügel wurde sogar wieder aufgehoben. Doch am Freitag meldete das Veterinäramt gleich 180 verstorbene Lachmöwen im Rheindelta. Die Behörden reagierten umgehend.

Darum ist diese Vogelgrippe-Welle besonders
Eine Lachmöwe im Sommerkleid, aufgenommen in Stockholm. Charakteristisch sind beim sogenannten Prachtkleid der schwarzbraune Kopf mit der weißen Zierde am Auge. Rücken und Flügeldecke sind hellgrau, der Bauch, Schwingenspitzen und Hals weiß. Wikicommons/Arild Vågen

“Sämtliches Geflügel und andere in Gefangenschaft gehaltene Vögel sind bis auf Weiteres in Stallungen oder jedenfalls in geschlossenen Haltungsvorrichtungen, die zumindest nach oben hin abgedeckt sind, so zu halten, dass der Kontakt zu Wildvögeln und deren Ausscheidungen bestmöglich verhindert wird”, lautet die Verordnung der BH Bregenz. Das gilt für die Gemeinden Gaißau, Höchst, Fußach und Hard. “Wenn es nicht gefährlich wäre, würden wir keine Stallpflicht verhängen”, sagt Landesveterinär Norbert Greber.

Erste Fälle vergangene Woche

Für Walter Niederer vom Naturschutzverein Rheindelta ist bereits seit gut einer Woche Vogelgrippe-Alarm. Die ersten Verdachtsfälle konnten am Donnerstag geborgen werden, das lange Wochenende verzögerte die Bestätigung aus dem Labor. “Derzeit sieht es noch danach aus, dass sich die Funde sehr konzentrieren”, erklärt Niederer den VN.

Walter Niederer am Rande der Lagune, in der sich die Lachmöwenkolonie befindet. 1000 Brutpaare gibt es hier.<span class="copyright"> VN/RAuch</span>
Walter Niederer am Rande der Lagune, in der sich die Lachmöwenkolonie befindet. 1000 Brutpaare gibt es hier. VN/RAuch

Und zwar in zweierlei Hinsicht: Einerseits sind bis auf ein einzelnes Tier bislang nur Lachmöwen betroffen. Und die infizierten Kadaver beschränken sich auf das Umfeld der Lagune am westlichen Rheindamm. Hier leben auf einer Insel an die 1000 Brutpaare, insgesamt wohl an die 2500 Lachmöwen. “Wir hatten erst vor zwei Wochen eine Zählung der Lachmöwen”, erklärt der Biologe. Damals gab es noch keine Anzeichen einer Grippepandemie in der Kolonie. Es ist aber auffallend, dass sich die Infektionen bislang so stark auf eine Vogelart beschränken.

Virus konzentriert sich auf eine Kolonie

Die Konzentration auf die Kolonie am Rheindamm hat Vor- und Nachteile: Einerseits ist das Befahren und Betreten der Lagune verboten, eine Verbreitung der Infektion ist daher weniger wahrscheinlich. Andererseits kann sich das Virus innerhalb der Lachmöwen, die eng aufeinander brüten, schnell verbreiten. Hinzu kommt, dass Möwen auch Kadaverpicker sind. “Daher müssen wir die Kadaver schnell entfernen”, betont Niederer den aktuellen Fokus. “Das ist schlau, dafür muss man kein Tierarzt sein.” Unterstützt werden sie dabei von den umliegenden Bauhöfen, vor allem vom Harder.

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Für den Naturschutzverein ist die aktuelle Lage nicht grundsätzlich neu. Das Bodenseeufer wurde bereits bei früheren Vogelgrippewellen stark gebeutelt, die Tierhalter entlang des Sees haben sich darauf eingestellt. Gewerbliche Halter haben von Freilandhaltung auf Bodenhaltung gewechselt, diese wurden auch vorzeitig vom Veterinäramt über die Lage informiert. Auch viele Hobby-Tierhalter haben ihre Bestände reduziert, um die Tiere auch länger im Stall halten zu können. So harren derzeit auch 20 Tiere an der Höchster Hauptstraße der Dinge. Ihr Halter ist aber überrascht, dass es im Mai noch zu solchen Ausbrüchen kommt. 

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Kadaver nicht berühren

Doch wie sollen Passanten reagieren, die tote Vögel im Rheindelta entdecken? Der Biologe rät dazu, Abstand zu halten, den Kadaver nicht berühren oder mitzunehmen. Stattdessen soll der Naturschutzverein über die Mailadresse office@rheindelta.org informiert werden. Zudem ist es ratsam, nach dem Spaziergang die eigenen Schuhe zu reinigen. Mit den steigenden Temperaturen dürfte sich die Lage jedoch entspannen. So wurden am Donnerstag acht Kadaver geborgen, am Freitagvormittag waren es noch zwei. Vor einer Woche waren es auch schon mal 60 an einem Tag. “Wir sind guter Dinge”, betont Niederer.

“Zu früh für eine Entwarnung”, lautet das Urteil von Norbert Greber. Mindestens eine Woche müsse die Lage noch beobachtet werden. Ohnehin dürfte das Thema Vogelgrippe sich am Bodenseeufer dauerhaft einnisten. “Es macht den Anschein, als wäre das Virus in Europa endemisch geworden.” Und damit nicht mehr nur auf den Winter bezogen.

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Vielen Geflügelhaltern und Naturschützern ist noch die Vogelgrippe-Pandemie von 2016 im Sinn. Damals beherrschte die Krankheit das Land über Monate hinweg, 1100 Puten mussten gekeult werden.

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Für die Hühner in Möggers konnte schlussendlich Entwarnung gegeben werden.

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