Terror am Tag, Terror in der Nacht. Das Leben in Kiew ist …

Vorarlberg / 04.06.2023 • 16:55 Uhr
Der Vorarlberger Gerhard Bösch lebt mitten im russischen Terror in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.  <span class="copyright">Privatbank</span>
Der Vorarlberger Gerhard Bösch lebt mitten im russischen Terror in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.  Privatbank

Der Lustenauer Gerhard Bösch spricht von unerwünschtem “Feuerwerk praktisch jede Nacht.”

Kiew Gerhard Bösch (66) leitet die PrivatBank Kiew, das größte nationale Geldinstitut der Ukraine. Bösch lebt in Kiew. Er lebt im täglichen Terror der russischen Raketen und Drohnen, mit denen die Vier-Millionen-Metropole täglich und vor allem nächtlich angegriffen wird.

Die Folgen eines aktuellen nächtlichen Angriffs der Russen in Dnipro. Dort starb ein zweijähriges Kind. Die Luftabwehr funktioniert in Kiew am besten. <span class="copyright">APA</span>
Die Folgen eines aktuellen nächtlichen Angriffs der Russen in Dnipro. Dort starb ein zweijähriges Kind. Die Luftabwehr funktioniert in Kiew am besten. APA

“Es gibt mittlerweile kaum mehr einen Tag, an dem die Stadt nicht angegriffen wird”, erzählt der Lustenauer. Es ist Sonntagvormittag. Zwei Stunden dauerten die Angriffe der letzten Nacht wieder. “Das Risiko getroffen zu werden ist ja geringer, als bei einem Verkehrsunfall zu sterben. Aber der Lärm und der Donner der Einschläge belasten die Menschen sehr.”

Aus dem Schlaf gerissen

Die Russen greifen vor allem in der Nacht an. Es werden zwar nahezu alle Geschosse von der ukrainischen Luftabwehr abgefangen, doch an ein friedliches Durchschlafen ist in der Hauptstadt bei den meisten Menschen nicht mehr zu denken. “Du wirst aus dem Schlaf gerissen, kannst dann von der Wohnung aus ein Feuerwerk erleben. Das halten viele nicht aus und flüchten aus der Stadt. Die Reaktionen auf diesen Terror sind völlig unterschiedlich. Tatsache ist: Von den Hunderten Raketen und Drohnen der letzten Wochen haben nur ein, zwei getroffen. Verletzte gab es hauptsächlich wegen herunterfallender Trümmer der Geschosse.”

Gerhard Bösch (Bildmitte) auf Besuch in einer zerstörten Filiale der PrivatBank im vergangenen November. Der Krieg ist allgegenwärtig. <span class="copyright">Bösch</span>
Gerhard Bösch (Bildmitte) auf Besuch in einer zerstörten Filiale der PrivatBank im vergangenen November. Der Krieg ist allgegenwärtig. Bösch

Luftabwehr funktioniert

Laut Bösch ist Kiew die am besten verteidigte Stadt auf der Welt. “Die verschiedenen Luftabwehrsysteme funktionieren perfekt. Freilich ist das nicht überall im Land so.” Gerade ist die Nachricht vom Tod eines zweijährigen Kindes in Dnipro eingetroffen. “Solche Meldungen machen alle sehr betroffen.”

Viele der zwischenzeitlich weggezogenen Kiewer sind wieder nach Hause zurückgekehrt. 3,6 Millionen der ursprünglich vier Millionen Einwohner leben wieder hier. “Die Wirtschaft floriert hier trotz des Kriegs. In Kiew gibt es Jobs. Auch deswegen zieht es Menschen hierher. Trotz der beabsichtigten Zerstörung der Energieinfrastruktur durch die Russen exportiert die Ukraine sogar wieder Energie. Die Strategie der Angreifer, die Infrastruktur zu zerstören, ging völlig daneben”, erzählt der Banker.

Unter anderem sind es Patriot-Luftabwehrsysteme wie diese, welche die ukrainische Hauptstadt schützen.  <span class="copyright">AFP</span>
Unter anderem sind es Patriot-Luftabwehrsysteme wie diese, welche die ukrainische Hauptstadt schützen. AFP

Wann hört das auf?

Trotz dieser erfreulichen Meldungen ist das Leben in der ukrainischen Hauptstadt alles andere als normal. Was die Menschen in Kiew ganz besonders belastet. “Es weiß niemand hier, wann diese Angriffe endlich aufhören”, bringt Bösch die Ängste auf den Punkt.

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