Bargeld langsam auf dem Rückzug

Wegzudenken sind Geldscheine und Münzen in Vorarlberg aber noch lange nicht.
BREGENZ, DORNBIRN, FELDKIRCH Diese Diskussion erhitzt die Gemüter. Es geht den Menschen an den Geldbeutel. Zum Glück geht es nicht um die Menge des Geldes, sondern in welcher Form es genutzt wird. Während für die einen das Motto „Nur Bares ist Wahres“ gilt, zahlen andere fast nur noch mit der EC-Karte. Im europäischen Vergleich ist Österreich weiterhin das Land der Barzahler. Das Vorhaben von Bundeskanzler Karl Nehammer, das Recht auf Bargeld in der Verfassung zu verankern, kommt nicht von ungefähr. Schon im vergangenen Jahr gab es ein Volksbegehren für uneingeschränkte Bargeldzahlung. Diese Rolle spielt das Bargeld in verschiedenen Vorarlberger Branchen.
Banken. Wenn es ums Geld geht, sind die Banken gefragt. Martin Jäger, Vorstandsmitglied bei der Sparkasse Dornbirn, berichtet von spannenden Beobachtungen. „2020 und 2021 haben wir einen starken Rückgang von Transaktionen am Bankomat um 20 Prozent festgestellt“, berichtet er.
Mittlerweile habe sich das Vor-Corona-Niveau wieder eingestellt. Im Jahr 2022 wurden bei der Dornbirner Sparkasse sechs Millionen Noten mit einem Volumen von 300 Millionen Euro abgehoben. Und das bei einer Million Transaktionen. Im Bereich der Sparkasse Dornbirn gibt es 35 Ein-/Auszahlungsgeräte, mindestens zwei pro Standort. Während andere Banken ihre Geldautomaten abbauen, legt die Sparkasse Dornbirn weiter zu. Zudem gibt es alle Scheine am Automaten. „5- und vor allem 200-Euro-Scheine hat sonst fast keine andere Bank mehr“, sagt Jäger. Daher spielen bei den wieder gestiegenen Transaktionszahlen vermutlich auch die Fremdnutzer, also Kunden anderer Banken, eine Rolle.
Hotellerie. Karte ist Trumpf, heißt es vermehrt in der Hotellerie. Mehr als zwei Drittel aller Gäste zahlen mit Kreditkarte. Das hat eine Online-Umfrage der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) mit dem Institut für Tourismus der Fachhochschule Westschweiz Wallis zwischen November und Dezember 2022 ergeben. Demnach liegt der Anteil an Barzahlern unter 20 Prozent.
„Im Restaurant und Barbereich zahlen die Gäste zum größeren Teil noch mit Bargeld, besonders wenn es sich um kleine Beträge handelt“, berichtet Heike Ladurner-Strolz, Landesvorsitzende der ÖHV Vorarlberg und Chefin des Hotels Zimba in Schruns. Die Hotelgäste würden fast alle aufs Zimmer buchen und zum Urlaubsende alles an der Rezeption bezahlen.
Ladurner-Strolz ist sich sicher, dass Kartenzahlung die Zukunft sein wird. „Heute haben schon immer mehr Gäste die Karte auf dem Smartphone oder der Smartwatch – bei der Jugend sowieso.“ In manchen Ländern sei das ja schon fast Standard. Bargeldzahlung sollte ihrer Meinung nach aber immer noch möglich sein. Trinkgeld werde oft noch bar gegeben.
Gastronomie. Davon können vor allem die Gastronomen berichten. „Hier in der Prosecco Bar zahlen die Menschen hauptsächlich bar“, berichtet Jennifer. „Außer es sind Touristen, meistens aus den Niederlanden, die zahlen mit der Karte.“ In der Bregenzer Bar laufe auch das Trinkgeld über die Karte. „Wir können auf dem Gerät eingeben, wie viel der Gast uns geben möchte.“ Wenn es auf Kartengeräten nicht geht, könne der Gast das Trinkgeld auch bar nachgeben.
So sieht es im Neptun in Bregenz aus: „Hier haben wir ein Kartengerät, das nicht an der Kasse hängt“, berichtet Sandro Wölfl. „Da können wir das Trinkgeld eingeben.“ Im Service haben sie eine vorgeschriebene Pauschale. Knifflig wird es für sehr gute Servicekräfte. Denn: „Übersteigt das Trinkgeld diese Pauschale, muss das als Zusatzeinkommen versteuert werden.“ Er fände es eine Frechheit, wenn das Bargeld abgeschafft werden und alle Transaktionen offen liegen würden. Dann wäre auch nachvollziehbar, wie viel Trinkgeld ein Angestellter wirklich bekommt.
Handel. Tatsächlich gibt es aber noch Branchen, in denen Bargeld nicht wegzudenken ist. Beim Friseur zum Beispiel wird meist Cash bezahlt. Beim Ali Baba Kebap in Feldkirch gibt es die Option für Kartenzahlung überhaupt nicht. „Das ist kein Problem“, berichtet Musab Samara. Die Menschen seien darauf eingestellt, und ansonsten sei auf der anderen Straßenseite ja direkt ein Bankautomat. Doch es wird klar: Die Geschäfte ohne Kartenzahlung werden weniger. Dabei spielt auch die Coronapandemie eine Rolle. „Es ist in der Tat so, dass durch Corona die Kartennutzung bei uns in den Ländlemärkten deutlich gestiegen und seitdem auf einem ähnlich hohen Niveau geblieben ist“, heißt es von Sutterlüty.
„Bei uns wird mittlerweile viel mehr mit Karte bezahlt – auch die Kleinbeträge“ berichtet Emine Karakoc von der Bäckerei Josef Schertler in Feldkirch. Für die Kunden sei das viel praktischer, insbesondere seitdem die Karten nur noch an das Lesegerät gehalten werden müssen. „Die Menschen vermeiden Kontakt. Auch, wenn sie bar bezahlen, legen sie das Geld nur hin“, erzählt Karakoc.
Martin Jäger von der Sparkasse fasst es passend zusammen: „Wir sehen ganz klar, das Bargeld spielt immer noch eine große Rolle, auch wenn die Kartenzahlungen zunehmen.“ In Österreich wird das wohl erst mal so bleiben – ob mit oder ohne Verfassung. VN-HGR, PPL

