Die Liebe zum See blieb

Vorarlberg / 17.09.2023 • 17:11 Uhr
Helmut Schöpf: „Ich konnte meine Passagiere immer sicher an Land bringen.“
Helmut Schöpf: „Ich konnte meine Passagiere immer sicher an Land bringen.“

Mit Helmut Schöpf (93) starb ein Urgestein der Bodenseeschifffahrt.

LAUTERACH Am 31. August 2023 verstarb mit 93 Jahren der landesweit bekannte Bodenseekapitän i. R. Helmut Schöpf, der 65 Jahre den Bodensee befahren hatte. Das Wichtigste in seinem Leben war die Liebe zur Schifffahrt und zu seiner Familie.

Helmut Schöpf wurde am 22. April 1930 in Bregenz geboren, wo er nach dem Besuch der Volks- und Hauptschule eine Friseurlehre in seiner Heimatstadt begann. Aber sein Lehrherr, ein Friseurmeister, schikanierte ihn und so drückte ihm Helmut Schöpf eines Tages den Besen in die Hand und ging. Der 15-Jährige traute sich jedoch nicht nach Hause und lief zum Bregenzer Hafen. Dort traf er einen Schiffsbediensteten, der zu ihm sagte: „Wir brauchen Leute bei der Schifffahrt. Komm doch zu uns.“ So trat Schöpf am 1. Oktober 1945 seinen Dienst bei der Österreichischen Bodenseeschifffahrt als damals jüngster von sechs Schiffsjungen an. Am 30. April 1988 ging er als Oberkapitän bzw. Hafenmeister in Pension.

Im Jahre 1964 heiratete er seine Maria und bezog mit ihr eine Wohnung in Lauterach. Seine drei Kinder, fünf Enkel und zwei Urenkel bereiteten ihm große Freude. In seinem letzten Gespräch mit mir meinte er 2015: „Die Laufbahn, die ich gemacht habe, gibt es heute nicht mehr.“ Auf seiner Karriereleiter stieg er vom Schiffsjungen zum Matrosen und Obermatrosen, Hafen- und Schiffskassier, Untersteuermann und Steuermann, Bootsführer, Maschinist, Kapitän und schlussendlich zum Oberkapitän bzw. Hafenmeister auf. Dabei war für Schöpf die Zeit an Bord vor allem in der Aufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg sehr hart, denn Arbeitnehmerschutzbestimmungen für Jugendliche gab es damals noch nicht. „Damals gab es noch Dampfschiffe, die mit Kohle befeuert wurden. Wir mussten das Schiffsdeck scheuern, Kohlereste wegputzen oder die Ruderanlage, die Kessel, die Fenster und die Toi­lettenanlagen säubern. Das Werkzeug zum Arbeiten brachten wir teilweise von zu Hause mit und wir litten auch an Hunger, denn es gab oft nichts zu essen.“ Gefahren wurde am Anfang noch ganzjährig. Nebel und Schneegestöber machten das Navigieren oft zu einer schwierigen Aufgabe.

Aber, so Schöpf: „Jeder von uns Schifflern hat schöne und weniger schöne Tage mit unseren Schiffen erlebt. Was aber für immer bleibt, das ist die Liebe zu einem außergewöhnlichen Beruf, der sehr viel Engagement fordert. Vieles hat sich bei der Schifffahrt geändert. Technische Erfindungen wie Radar und GPS haben das Leben auf dem Wasser entschieden leichter gemacht. Doch trotz aller Erleichterungen ist das, was unseren Beruf ausmacht, gleichgeblieben: Die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und die Liebe zum See und zu unseren Schiffen, verbunden mit der Gewissheit, dass der Mensch durch nichts zu ersetzen ist.“

Die Liebe zur Schifffahrt bestimmte auch nach seinem altersbedingten Ausscheiden bei der Bodenseeschifffahrt sein Leben. So befuhr Helmut Schöpf noch von 1988 bis zu seinem 80. Geburtstag 2010 als Kapitän mit dem Motorschiff „Elisa“ den Bodensee und unternahm jedes Jahr eine Kreuzfahrt im Mittelmeer. U. a. war er auch Passagier auf der „Costa Concordia“, die später durch ihre Kollision mit einem Felsen vor der Insel Giglio im Mittelalter in die Schlagzeilen geriet. Daneben unternahm Schöpf Wanderungen auf dem Rheindamm, fuhr viel mit dem Fahrrad und widmete sich der Malerei.

Schöpf, der auch Menschen vor dem Ertrinken retten konnte, hat auf zahlreichen Bodenseeschiffen Dienst getan, u. a. der „Österreich“, der „Vorarlberg“ und der „Austria“, der „Stadt Bregenz“ und der „Hohentwiel“, weiters dem Ölfangschiff „Libelle“, dem Motorboot der Österreichischen Wasserrettung und dem Arbeitsschiff der Firma Montana in Hard. Auf den Motorschiffen „Mettnau“ und „Hegau“ stand er für die französische Besatzungsmacht im Dienst. Sein letztes großes Projekt war seine Mitarbeit bei der 2019 abgeschlossenen Renovierung der „MS Österreich“, die er viele Jahre befahren hatte. Er half nicht nur bei der Sponsorensuche mit, sondern war auch beim Einbau des Motors dabei, den er wir kein anderer kannte.

Eines freute ihn ganz besonders: „Ich konnte meine Passagiere, darunter waren auch viele Prominente wie Bundespräsidenten, Schauspieler oder Adelige, immer sicher an Land bringen und das, obwohl ich viele Jahre in schwierigen Wettersituationen ohne Radar und GPS auskommen musste.“

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