Teurer Friseurbesuch: “Viele wollen zum Friseur, aber können nicht”

Die Teuerung macht den Friseurbesuch zur kostspieligen Angelegenheit. Wie Friseure und Kunden mit den gestiegenen Preisen umgehen.
Hohenems, Lustenau Es ist zum Haareraufen! Angesichts der gestiegenen Preise sehen sich viele Menschen dazu gezwungen, im täglichen Leben Abstriche zu machen und abzuwägen, wofür sie ihr Geld ausgeben. Der Friseurbesuch wird dabei für viele zum Luxus.

Friseurin Jolie Saskin (35), die den Friseursalon Jolie in Hohenems betreibt, wird bei ihrer Arbeit tagtäglich mit Einzelschicksalen konfrontiert. Von vielen Kunden kenne sie die gesamte Lebensgeschichte, mit allen Höhen und Tiefen. „Ich bin nicht nur Friseurin, sondern irgendwie auch eine Therapeutin. Ich höre oft emotionale Geschichten und merke, dass die Teuerung den Menschen schwer zu schaffen macht und sie auf gewisse Dinge verzichten müssen“, erzählt sie. Auch der Friseurbesuch sei für viele unleistbar geworden. „Viele wollen zum Friseur, aber können nicht.“
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Saskin zeigte Herz und nutzte ihre Social-Media-Kanäle, um einen Aufruf zu starten. „Mein Ziel war es, denjenigen, die es finanziell nicht so leicht haben, einen günstigeren Friseurbesuch anzubieten. Die Preise gestalte ich dabei entsprechend dem Budget der Kundinnen.“

Bereits am ersten Tag erhielt sie Anfragen von über 200 Frauen, auch von Jenny Peter aus Dornbirn. Die 26-Jährige ist Mutter von drei Kindern und spürt die Teuerung im Alltag enorm. „Die Preise für Lebensmittel, Energie und vieles mehr sind stark gestiegen. Wenn man dann noch eine Familie zu versorgen hat, kommt einiges zusammen“, berichtet die junge Mutter, die sich von der Aktion begeistert zeigt. „Ich versuche zu sparen, wo es nur geht. Diese Aktion finde ich besonders schön, weil sie sehr menschlich ist.“

Die Kundinnen bekommen bei Jolie aber nicht nur einen leistbaren Haarschnitt, sondern auch ein kostenloses Beratungsgespräch in Sachen Finanzen. Darum kümmert sich ihre Schwester Zeliha Arslan, die als selbstständige Allfinanzberaterin tätig ist. Dafür opfert die 36-Jährige auch gerne mal ihre freien Wochenenden: „Ich stehe dann im Salon und berate die Kundinnen, wie sie ihre Ausgaben optimieren können. Ich freue mich, dass wir den Menschen gemeinsam etwas Gutes tun können”, erzählt Arslan.

Auch Marcel Egger (56) vom Friseursalon Egger3 in Lustenau spürt die Auswirkungen der Teuerung: „Viele Menschen denken, dass der Friseur zu teuer ist und verzichten daher auf einen regelmäßigen Besuch. Sie schneiden oder färben sich die Haare selbst, lassen Schwarzarbeiter zu sich nach Hause kommen, kaufen sich billige Produkte oder lassen ihre Haare einfach wild wachsen.” Schlussendlich würden aber viele Kunden wieder den Weg zum Profi suchen. „Dann müssen wir ausbessern.”

Der Salonbesitzer, der 18 Mitarbeiter beschäftigt, profitiere aber von der Lage zur Schweizer Grenze. „30 Prozent unserer Kunden kommen aus der Schweiz und die meisten Kunden sehen die Preiserhöhung von zehn Prozent ein. Für viele bleibt der Friseur einfach wichtig, deshalb sind wir eigentlich sehr zufrieden.”

Anna Mathis (33) aus Feldkirch ist Stammkundin im Lustenauer Friseursalon, der im vergangenen Jahr zum schönsten Salon der Welt gekürt wurde. Dass sie heute mehr für den Friseur bezahlt, ist für sie vor dem Hintergrund der allgemeinen Preissteigerungen nicht überraschend. „Es ist ja alles teurer geworden, die ganzen Lebenshaltungskosten, Benzin, Mieten und Zinsen.” Trotzdem möchte die Mutter von zwei Kindern nicht auf den Friseurbesuch verzichten. „Ich leiste mir diesen Luxus bewusst, zumal ich ohnehin nur alle drei Monate zum Friseur gehe und dann möchte ich einfach das Komplettpaket genießen.”
