„Was quietscht da so auf dem Gleis?“

70-jährige Pkw-Lenkerin kann sich selbst nicht erklären, wie sie in Dornbirn auf das Bahngleis geraten war.
DORNBIRN, SCHWARZACH Am Bahnhof Haselstauden, Mittwoch um 22.45 Uhr: Aus unerfindlichen Gründen fuhr eine 70-jährige Frau mit ihrem Pkw von der Bachgasse auf den Bahnsteig 2. Anschließend lenkte sie das Auto über die Bahnsteigkante, wo es dann 76 cm tiefer auf das Gleisbett stürzte.
Nun wurde es noch abstruser: Die Pensionistin stieg nicht aus, sondern setzte ihre Fahrt auf dem Bahngleis auf einer Strecke von 1800 Metern in Richtung Schwarzacher Bahnhof fort.
VN-Redakteure schlugen Alarm
Dabei passierte der Pkw auch das Verlagsgebäude von Russmedia, wo die VN-RedakteurInnen Janine Maier und Stefan Eder während des Spätdienstes plötzlich durch eigenartige Geräusche aufgeschreckt wurden.
„Was quietscht da so auf dem Gleis?“, fragten sie sich. Ein Blick aus dem Fenster offenbarte dann das Unfassbare. Langsam bewegte sich das Auto in Richtung des Schwarzacher Bahnhofs vorbei, während die Räder des Pkw immer wieder durchdrehten. Janine Maier wählte sofort den Notruf 133. Und verhinderte damit höchstwahrscheinlich ein schlimmes Szenario. Denn beim Bahnhof Dornbirn stand gerade ein Zug in Abfahrtbereitschaft in Richtung Bregenz. Sofort und noch rechtzeitig wurde unmittelbar nach dem Anruf aus der Redaktion eine Gleissperre veranlasst.
Niemand verletzt
Um 22.55 Uhr erreichte die 70-Jährige mit ihrem Pkw das Bahnhofsgelände in Schwarzach, wo sie von einer Polizeistreife aufgehalten wurde. Bei dem Vorfall ist niemand verletzt worden.
Am Pkw, der anschließend nicht mehr fahrbereit war, entstanden erhebliche Beschädigungen am Unterboden. Am Gleiskörper zwischen Bahnhof Haselstauden und Bahnhof Schwarzach entstanden mehrere Beschädigungen in unbekanntem Ausmaß. Die ÖBB-Feuerwehr Wolfurt konnte zusammen mit der Feuerwehr Schwarzach und der Feuerwehr Dornbirn den Pkw mittels eines Krans vom Wechselladefahrzeug der Feuerwehr Dornbirn aus dem Gleisbett bergen.
Oberleitung geerdet
Für die Dauer der Bergung wurde die Oberleitung in diesem Bereich über den ÖBB-Einsatzleiter vor Ort und den Notfallkoordinator in Innsbruck freigeschaltet und durch die Feuerwehr der ÖBB in diesem Bereich geerdet. Nach der Bergung wurde die Einsatzstelle an die ebenfalls alarmierten ÖBB Technischen Services zwecks Überprüfung der ÖBB-Infrastruktur auf Beschädigung übergeben.
Desorientiert und übermüdet
Die Lenkerin stand unter Schock. Ein bei ihr durchgeführter Alkotest verlief negativ. Da die 70-Jährige zeitlich und örtlich nicht orientiert und übermüdet war, wurde ihr der Führerschein vorläufig abgenommen.
Was aber veranlasste die Pensionistin, mit ihrem Pkw in Dornbirn auf den Bahnsteig zu fahren? „Sie konnte es sich selbst nicht erklären, warum das geschah“, informierte Polizeisprecher Rainer Fitz und: „Sie fuhr dann weiter, weil sie hoffte, irgendwo eine Ausfahrt zu finden.“
Mehrere Anzeigen
Auch wenn ihre Verhaltensweise demnach nicht schlüssig zu erklären ist, erfolgen Berichte an die Bezirkshauptmannschaft und Staatsanwaltschaft Feldkirch.
Die 70-jährige Frau wird laut Polizei wegen des Verstoßes gegen den Paragraphen 58 der Straßenverkehrsordnung angezeigt, in dem es heißt: „Ein Fahrzeug darf nur lenken, wer sich in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befindet, in der er ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermag.“
Außerdem erfolgt eine Anzeige nach dem Österreichischen Strafgesetzbuch, Paragraph 89: „Wer auch nur fahrlässig eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.“ VN-GS


