Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Hinterbänkler und andere

Vorarlberg / 09.11.2023 • 20:04 Uhr

Vor wenigen Wochen ist ein Nationalratsabgeordneter der Grünen nach Vorwürfen zurückgetreten, laut denen er bei einer Party eine Frau belästigt und einen Journalisten, der dieser zu Hilfe eilen wollte, körperlich attackiert habe. Dass er die Konsequenzen gezogen hat, bevor er zur Belastung nicht nur für seine Partei, sondern auch für das Parlament wurde, ist ihm anzurechnen.

Der Mann war bis zu diesem Vorfall in der Öffentlichkeit eher unbekannt und saß im Nationalrat in der vorletzten Bankreihe. Als Hinterbänkler bezeichnet man im parlamentarischen Sprachgebrauch Mandatare, die in der Öffentlichkeit wenig in Erscheinung treten. Sie befinden sich im englischen Unterhaus, der Mutter aller Parlamente, typischerweise auf den hinteren Bänken. Wie im Hörsaal der Universität, wo sich die Studierenden, die eher ihre Ruhe haben wollen, sicherer fühlen als in den vorderen Rängen.

Die größten Parteien haben in aller Regel die meisten Hinterbänkler. Während nämlich die kleineren Fraktionen mitunter alle Mühe haben, sich überall wirkungsvoll in das parlamentarische Geschehen einzubringen und daher jeden Mann und jede Frau benötigen, können die größeren Parteien eher aus dem Vollen schöpfen. Da ist es für die innerparteiliche Konkurrenz ganz angenehm, wenn es ein paar Leute gibt, die sich nicht in den Vordergrund drängen, aber brav mitstimmen.

Ob der erwähnte Abgeordnete auch im übertragenen Sinn ein solcher Hinterbänkler war, wissen wir nicht. Zu den fleißigsten Rednern zählte er jedenfalls nicht. Diesen Rang hat nämlich Gerald Loacker von den Neos inne, der angekündigt hat, nach Ablauf dieser Legislaturperiode nicht mehr zu kandidieren, weil zehn Jahre genug seien. Dass jemand bereits nach dieser Zeit aus dem Amt scheidet, ohne abgewählt worden zu sein oder aus irgendeinem Anlass seine Funktion aufgeben zu müssen, ist in der Tat ungewöhnlich. Mancher Hinterbänkler möge sich daran ein Beispiel nehmen.

Es ist gut zu wissen, dass es auch Politiker gibt, die loslassen können. Als Nicht-Hinterbänkler hat Gerald Loacker riskiert, dass er mit seinen Wortmeldungen zuweilen polarisierte. Man musste wirklich nicht mit allem einverstanden sein. Aber kantige Persönlichkeiten sind in aller Regel selten und würden Parlament und Landtagen gut tun.

„Es ist gut zu wissen, dass es auch Politiker gibt, die loslassen können.“

Peter Bussjäger

peter.bussjaeger@vn.at

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.