Migrationsvereinbarung mit der Schweiz wackelt

Schweiz würde das Rückübernahmeabkommen mit Österreich und Liechtenstein gerne neu verhandeln. Österreich bremst allerdings.
BREGENZ, WIEN, BERN Es ist ruhiger geworden an Vorarlbergs Westgrenze. Zumindest, wenn es um Flüchtlingsströme geht. Nicht alle Migrantinnen und Migranten, die sich über Österreich in die Schweiz aufmachen, dürfen dort bleiben. Manche werden nach Österreich zurückgeschickt. Wie dieser Prozess vonstattengeht, haben die beiden Länder zusammen mit Liechtenstein in einem Rückübernahmeabkommen geregelt. Der Schweiz ist dieses Abkommen nicht flexibel genug – sie möchte ein neues. In Österreich wartet man aber ab.
Heuer 9000 Menschen
Der Hotspot heißt Buchs. Am Bahnhof sind mit dem Zug teilweise 40 Migranten oder mehr angekommen. Sie reisen mit dem Zug aus Österreich ein. 2021 und 2022 sind in manchen Monaten mehr als 1000 Menschen dort aufgegriffen worden. Mittlerweile hat sich die Situation etwas beruhigt, wie ein Blick auf die Zahlen zeigt. Im Jahr 2022 sind in der Schweizer Grenzregion Ost mehr als 26.000 Menschen festgenommen worden, die sich rechtswidrig in der Schweiz aufgehalten haben. In den ersten elf Monaten heuer waren es rund 9000 Personen. Die Schweizer Zollregion Ost grenzt zwar nicht nur an Vorarlberg, früher ist der Zug nach Buchs aber die Hauptroute gewesen. Mittlerweile reisen Migranten eher aus dem Süden in die Schweiz. Obwohl der Zuzug aus Österreich sinkt, möchte die Schweizer Regierung das Rücknahmeabkommen ändern.
Das aktuelle Abkommen trat am 1. Jänner 2001 in Kraft und regelt die Übernahme von Drittstaatsangehörigen und eigenen Staatsbürgern. Ein Sprecher des Staatssekretariats für Migration (SEM) im Justiz- und Polizeidepartement erläutert: „Der Zweck einer Anpassung des bestehenden Abkommens wäre es, auch unter erhöhtem Migrationsdruck eine flexible und pragmatische Zusammenarbeit im Grenzraum sicherzustellen.“ Um irreguläre Weiterreise von Migrantinnen und Migranten effektiv unterbinden zu können, bräuchte es aus der Sicht der Schweiz ein rasches und vereinfachtes Verfahren, um aufgegriffene Personen, die die gemeinsame Grenze überquert haben, wieder zurückzuführen, heißt es weiter.
Das österreichische Innenministerium bestätigt den Wunsch der Schweiz. „Die Schweiz hat Anpassungen des geltenden Rückübernahmeabkommens vorgeschlagen. Allen voran sollten technische Punkte angepasst werden, wie bspw. Übergabezeiten und Behördenzuständigkeiten. Zudem gab es Diskussionen zur Art der Zurückweisung“, erklärt ein Ministeriumssprecher. Österreich sei dazu in konstruktivem und regelmäßigem Austausch mit der Schweiz. Die Nachbarn sehen das ein wenig anders. In den vergangenen Jahren habe es vielfach Gespräche dazu gegeben. „Das Anliegen der Schweiz ist nach wie vor offen, Österreich hat bis anhin juristische und politische Gründe gegen eine Anpassung des Abkommens geltend gemacht“, heißt es aus dem SEM.
Vorarlbergs Sicherheitslandesrat Christian Gantner erklärt, dass die Abhängigkeit am Abkommen mit der rückläufigen Zahl an Migranten auch zurückgeht. „Die gemeinsamen Kontrollen im Grenzraum zur Schweiz finden aber weiterhin statt“, fährt Gantner fort.
Heuer sind laut österreichischem Innenministerium bisher rund 30 Personen von der Schweiz nach Österreich rückgeführt worden.