Nur 50 Prozent für 100 Prozent

Vorarlberg / 17.01.2024 • 21:22 Uhr
Vollzeit kontra Teilzeit: In Vorarlberg sind viele Lehrer nicht in einem hundertprozentigen Dienstverhältnis. APA
Vollzeit kontra Teilzeit: In Vorarlberg sind viele Lehrer nicht in einem hundertprozentigen Dienstverhältnis. APA

Knapp die Hälfte aller Lehrkräfte im Land arbeitet Teilzeit. Aus verschiedensten Gründen.

Schwarzach „Ich wollte das genau so“, sagt Deutsch- und Spanischlehrerin Ruth Schmiedberger (47). Elf Stunden unterrichtet die dreifache alleinerziehende Mutter an der HAK in Lustenau. Sie ist Quereinsteigerin, arbeitete vorher als Schreibpädagogin, in der Erwachsenenbildung und hielt Deutsch-Kurse für Mitarbeiter mit nichtdeutscher Muttersprache in Vorarlberger Firmen. Seit zwei Jahren unterrichtet sie nun Deutsch an der HAK/HAS Lustenau. „Der Job hier gibt mir auch eine gewisse Sicherheit“, räumt Schmiedberger ein.

Kollegin Ursula Fleisch (56) unterrichtet zehn Stunden. Seit sie 2003 nach Jahren der Beschäftigung in der Privatwirtschaft in den Schuldienst eintrat, hat die gebürtige Schrunserin nie eine volle Lehrverpflichtung angenommen. „Das meiste waren 15 Stunden.“ Warum nie voll? „Weil das nicht in meinen Lebensplan passte. Erst kamen die zwei Kinder. Jetzt bin ich auch in der Schulsozialarbeit tätig und mache eine Ausbildung für Psychotherapie. Ich habe zudem das Glück, dass mein Mann ein gutes Gehalt bezieht.“ Dass laut Anfragebeantwortung von Bildungsminister Martin Polaschek Vorarlberg das Bundesland mit den meisten Teilzeitlehrern ist, könnte laut Fleisch auch politische Gründe haben. „Die Spitzenpositionen belegen ausschließlich Länder mit konservativen Regierungen.“

Spitzenreiter

Vorarlberg, das Teilzeitlehrerland. 44 Prozent aller AHS/BMHS-Lehrer im Land arbeiten nicht Vollzeit, 43 Prozent sind es bei den Landeslehrern (Volksschulen, Mittelschulen, Berufsschulen, Sonderschulen, Polytechnische Schulen). Bei den Bundeslehrern liegt Vorarlberg österreichweit an der Spitze, bei den Landeslehrern an zweiter Stelle hinter Tirol. An der HAK in Lustenau sind es gleich 34 von insgesamt 63 Lehrkräften.

„Ich habe 26 von 49 Kolleginnen, die in Teilzeit arbeiten“, sagt Christoph Wund, Direktor der Volksschule Lustenau-Kirchdorf. „Dass muss nicht nur ein Nachteil sein. In Bereichen, wo es keine Vollzeitbeschäftigung gibt, sind Teilzeitkräfte gefragt. Aber klar: Wenn es insgesamt zu viele sind, wird es problematisch.“ Wund erwähnt die klassenführenden Lehrerstellen, die mit Teilzeitpersonal für die ganze Schule nur schwierig zu besetzen sind. Die Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung: Kinder, Pflege von Familienangehörigen, Überbelastung. „Aber es werden auch jene mehr, die prinzipiell nicht mehr so viel arbeiten möchten. Stichwort Work-Life-Balance.“

Aus wenige wird mehr

Etwas gegen den Trend ist das Verhältnis Vollzeit zu Teilzeit am BG Blumenstraße in Bregenz. Direktor Klaus König: „Von meinen 62 Lehrpersonen sind 24 in Teilzeit. Diese Quote ist bei uns relativ konstant.“ Der Schulleiter hat beobachtet, dass weibliche Kolleginnen, die nach einer Karenz zurückkommen, oft mit wenigen Stunden anfangen und später wieder mehr Stunden nehmen. „Das passiert, wenn die familiäre Situation es zulässt.“ Probleme wegen der Teilzeitbeschäftigten gibt es laut Auskunft des Schulleiters nicht.

Klassenvorstandschaften

Ein Problem mit Teilzeitbeschäftigung gibt es nach Auskunft des Höchster Mittelschuldirektors Dietmar Bickel nur im Zusammenhang mit Klassenvorstandschaften. „Wir haben ja oft zwei Klassenvorstände. Wobei einer voll beschäftigt sein sollte. Nur dann ist in der Regel gewährleistet, dass jeden Tag zumindest einer der zwei Klassenvorstände an der Schule ist“, argumentiert Bickel. An seiner Schule haben von den 45 tätigen Lehrpersonen 28 eine volle Lehrverpflichtung, 17 Kolleg(innen) sind teilzeitbeschäftigt. Laut Auskunft der Bildungsdirektion muss eine teilzeitbeschäftigte Lehrperson zumindest sieben Stunden halten. Darunter ist keine Anstellung möglich.

„Teilzeitbeschäftigte können für Schulen auch ein Vorteil sein. Nur sollten es nicht zu viele sein.“

Für Ruth Schmiedberger, Lehrerin an der HAK in Lustenau, ist eine halbe Lehrverpflichtung genau das Richtige. VN/Hämmerle
Für Ruth Schmiedberger, Lehrerin an der HAK in Lustenau, ist eine halbe Lehrverpflichtung genau das Richtige. VN/Hämmerle