Krieg der Sternchen

Jeder Zeitungskolumnist hat, wenn er jemals gegendert hat, damit seine eigenen Erfahrungen gemacht. Manche Leser, sie sind typischerweise männlich, ärgern sich so sehr, dass dadurch der Inhalt des Kommentars überlagert wird. Also gibt der Kolumnist das Gendern wieder auf und findet sich in dieser Entscheidung dadurch bestätigt, dass sich kein Mensch darüber beklagt, wo Sternchen oder Doppelpunkt geblieben sind.
Der Bundeskanzler will jetzt aber noch weiter gehen und in der Verwaltung sowie an den Universitäten das Gendern generell verbieten. Störend findet er vor allem die vielen * und : oder _I. Dass Frauen und Männer angesprochen werden, hält er allerdings für richtig.
„Es wird also noch spannend, wie der Bundeskanzler den Krieg gegen das Gendern, der bis 2030 dauern soll, gewinnen will.“
Wenn das Vorhaben umgesetzt wird, müssten sich die Bürger theoretisch nicht mehr über die gegenderte Sprache im Strafbescheid der BH ärgern, sondern nur noch über den Inhalt. Aber halt! Der Plan funktioniert nur in der Bundesverwaltung, denn welchen Schreibstil die Behörden des Landes und die Gemeinden pflegen, bestimmt nicht der Bundeskanzler, sondern die jeweilige Landesregierung oder der Bürgermeister. Und die Gerichte machen sowieso das, was sie wollen. Das Gleiche gilt für die Universitäten: Diese genießen eine Autonomie und müssen sich an keine Gendervorgaben oder -verbote des Bundeskanzlers halten. Es wird also noch spannend, wie der Bundeskanzler den Krieg gegen das Gendern, der bis 2030 dauern soll, gewinnen will.
Betrachtet man die Angelegenheit sachlich, dann ist es selbstverständlich sinnvoll, wenn in der Sprache auch Frauen sichtbar werden und sich Personen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen wollen, wiederfinden können. Leider sind die Alternativen nur manchmal praktikabel („Studierende“, „Bahnreisende“), häufiger aber unbrauchbar („Autofahrende“, „Polizeikräfte“) und oft wird die Sprache geradezu verhunzt. Die Medien gendern daher, wenn überhaupt, nur sehr maßvoll. Warum sollte es der Staat anders machen?
Vielleicht werden sich die Menschen aber eines Tages auch an * und : oder _I gewöhnen, denn es steht jeder Person völlig frei, ob sie sich im privaten Gebrauch dieser Hilfsmittel bedient. Sprache verändert sich. Der Krieg der Sternchen ist eine der wenigen Auseinandersetzungen, denen man eigentlich mit großer Gelassenheit begegnen kann.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.